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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 7. Abhandlung): Agatharchidea — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37684#0098
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98

Otto Immisch:

unserem Autor bis zu den Neuplatonikern steht auch diesmal
wieder Posidonius; vgl. Gronau (zu Basilius’ Rede πρόσεχε
σεαυτω) 283 ff. —
Die ablehnende Bemerkung über Chilon als Urheber des
γνώ-θτ σαυτόν erklärt sich wohl daraus, daß dieser Spruch in De-
metrius des Phalereers Sammlung der Siebenweisensprüche tat-
sächlich die Reihe der Chilonea eröffnete (VS 22 521, 18). Unser
Halbpythagoreer wird an Delphi um so eher festgehalten haben,
als nach Aristoxenus Pythagoras τά πλεΐστα των ήΤικων δογμάτων
von daher haben sollte (Diog. 8, 8. 21; vgl. Porph. 41).
15.
§ 19 bis 22. — Nachdem der Anonymus die Grundlagen für
das Wesen des Menschen und seine Denkbetätigung gelegt hat,
wendet er sich, wie er sagt, den όργανα γνώσεως zu und gibt eine
eigenartige Erkenntnislehre, von Zeller (l5, 1, 447; vgl. 34, 2,
127 f. 144) recht allgemein eine ,,spätere“ genannt. Man sieht
aber sofort, es ist einerseits nichts drin vom stoischen ήγεμονικόν
in der καρδία und vom Seelenpneuma, und wie verschieden nimmt
sich anderseits ein ausgesprochen neupythagoreisches Gemächte
aus, wie der ps. Archytas περί νοΰ καί αίσθήσεως (Stoh. ecl. 1,
48, 6 p. 315W. und vollständiger bei Mullach 1, 565; vgl. Zeller
34, 2, 144ff.), wo die Vierheit αίσΤησις δόξα επιστήμη νους ver-
treten und auch sonst die platonischen Anleihen durchsichtig
sind. Beim Anonymus hängt das System der Erkenntnismittel
offenbar mit seiner in § 17 entwickelten Anthropologie eng zu-
sammen. αΐσΤησις und φαντασία teilt der Mensch mit den Tieren,
die δόξα, deren Definition weiterhin von Photius ausgelassen ist,
gilt für spezifisch menschlich, die übrigen fünf (denn σοφία kann
440 b 30 nicht fehlen), also τέχνη φρόνησις επιστήμη σοφία νους,
sind dem Menschen gemeinsam mit der Götterwelt.
Für das erste Paar ist zunächst die Beachtung der Tierwelt
bedeutsam. Auch der bisher schon bekannte Agatharchides hat
ein ausgesprochenes tierpsychologisches Interesse, teils allgemei-
nerer Art (wie über die Symbiose der Robben mit den Ichthyo-
phagen, 450 h 12ff.; vgl. Diodor 3, 18, 7), teils im besonderen für
die Frage verstandesähnlicher Leistungen von Tieren, in der er
sehr zurückhaltend ist1. Ganz entsprechend dem hier vorgetrage-
1 Über dies Problem bei den alten Denkern jetzt Diels, Philodemos
über die Götter, 1. Buch, Abh. d. Bert Akad. 1915 Nr. 7 (1916) 58ff.
 
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