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Otto Immisch:
Für die Tastempfindung hat Plato (26f.) nicht die Gesamt-
bezeichnung άφή; vgl. Eva Sachs a. a. 0. 68. Es handelt sich für
ihn, was ja auch bei unserem Autor nachklingt, um κοινά του
σώματος παντός παθήματα (64 Α und 65 Β). Als Eigenschaften,
die für diese Empfindungsgruppe in Betracht kommen, werden
von Plato aufgezählt warm und kalt, hart und weich, schwer und
leicht, rauh und glatt, wozu noch die Gesamtempfindungen ήδύ
und άλγεινόν kommen, die in unserem Text wegbleiben, da auch
die anderen besonderen Sinneswerkzeuge daran beteiligt sind
(vgl. 64Cf.). Aristoteles hat dagegen den Gesamtnamen άφή1.
Das Bedeutsame ist auch für ihn die Beziehung auf mehrere
Gegensatzpaare; vgl. Psych. 422 b 23 ff.: έν τω άπτω πολλαΐ
ένεισιν εναντιώσεις- θερμόν ψυχρόν, ξηρόν υγρόν (was bei Plato
fehlt, aber nicht bei unserem Peripatetiker), σκληρόν μαλακόν,
καί των άλλων, όσα τοιαυτα. Die Aufzählung ist also nicht
erschöpfend. Sie variiert schon bei Plato, der Rep. 7, 523 E
neben μαλακότης σκληρότης noch πάχος λεπτότης hat. Dies
Paar kehrt bei Aristoteles wieder, nebst einem neuen, γλίσχρον
κραΰρον, in der Schrift περί, γεν. κ. φθ. 329 b 18 ff. Ferner
treten θέσι,ς und μέγεθος hinzu; vgl. ebd. 322 b 25ff., Psych.
423 b 26ff.; Theophr. αίσθ. 59. Auch beim Anonymus deutet
das olov zu Beginn der Aufzählung (das bei Suidas fehlt, der
auch sonst kürzt, wie ebenso auch die Photiushsr. A) auf
Nichtvollständigkeit der Reihe. Abweichende Lehrmeinung
liegt mithin wiederum nicht vor. Die mehrfachen Schwierig-
keiten ferner, die dem Aristoteles das Gebiet der άφή bereiteten
und die ihn veranlaßten, ein inneres Organ anzunehmen (423 b
22 ff.) und im Gegensatz zu Plato das Fleisch nur als τό μεταξύ
του άπτικοΰ zu erklären, kommen auch beim Anonymus teilweise
zum Ausdruck, in dem hinter der Aufzählung angehängten Satze.
Nur die hier betonte Vorzugsstellung der Hand finde ich sonst
nirgends. Doch vgl. Hesych: άφή- αΐσθησις χεφών ήγουν ψηλά-
φησές. Ja, sogar Hand selbst kann wie es scheint άφή be-
deuten: άφαΐς- πληγαΐς ή χερσίν bei Suidas. Das wird auf LXX
Reg. 2, 7, 14 bezogen: καί ελέγξω αυτόν έν ράβδω άνδρών καί έν
άφαΐς υιών ανθρώπων. Und wenn auch diese Bedeutung noch
nicht, wie Stephanus mit Vorbehalt annahm, schon im Axiochus
1 Später auch in den Darstellungen der platonischen Lehre; vgl. Albi-
nus 19f. (174 Herrn.). Auch Timäus der Locrer hat das Wort, § 8.
Otto Immisch:
Für die Tastempfindung hat Plato (26f.) nicht die Gesamt-
bezeichnung άφή; vgl. Eva Sachs a. a. 0. 68. Es handelt sich für
ihn, was ja auch bei unserem Autor nachklingt, um κοινά του
σώματος παντός παθήματα (64 Α und 65 Β). Als Eigenschaften,
die für diese Empfindungsgruppe in Betracht kommen, werden
von Plato aufgezählt warm und kalt, hart und weich, schwer und
leicht, rauh und glatt, wozu noch die Gesamtempfindungen ήδύ
und άλγεινόν kommen, die in unserem Text wegbleiben, da auch
die anderen besonderen Sinneswerkzeuge daran beteiligt sind
(vgl. 64Cf.). Aristoteles hat dagegen den Gesamtnamen άφή1.
Das Bedeutsame ist auch für ihn die Beziehung auf mehrere
Gegensatzpaare; vgl. Psych. 422 b 23 ff.: έν τω άπτω πολλαΐ
ένεισιν εναντιώσεις- θερμόν ψυχρόν, ξηρόν υγρόν (was bei Plato
fehlt, aber nicht bei unserem Peripatetiker), σκληρόν μαλακόν,
καί των άλλων, όσα τοιαυτα. Die Aufzählung ist also nicht
erschöpfend. Sie variiert schon bei Plato, der Rep. 7, 523 E
neben μαλακότης σκληρότης noch πάχος λεπτότης hat. Dies
Paar kehrt bei Aristoteles wieder, nebst einem neuen, γλίσχρον
κραΰρον, in der Schrift περί, γεν. κ. φθ. 329 b 18 ff. Ferner
treten θέσι,ς und μέγεθος hinzu; vgl. ebd. 322 b 25ff., Psych.
423 b 26ff.; Theophr. αίσθ. 59. Auch beim Anonymus deutet
das olov zu Beginn der Aufzählung (das bei Suidas fehlt, der
auch sonst kürzt, wie ebenso auch die Photiushsr. A) auf
Nichtvollständigkeit der Reihe. Abweichende Lehrmeinung
liegt mithin wiederum nicht vor. Die mehrfachen Schwierig-
keiten ferner, die dem Aristoteles das Gebiet der άφή bereiteten
und die ihn veranlaßten, ein inneres Organ anzunehmen (423 b
22 ff.) und im Gegensatz zu Plato das Fleisch nur als τό μεταξύ
του άπτικοΰ zu erklären, kommen auch beim Anonymus teilweise
zum Ausdruck, in dem hinter der Aufzählung angehängten Satze.
Nur die hier betonte Vorzugsstellung der Hand finde ich sonst
nirgends. Doch vgl. Hesych: άφή- αΐσθησις χεφών ήγουν ψηλά-
φησές. Ja, sogar Hand selbst kann wie es scheint άφή be-
deuten: άφαΐς- πληγαΐς ή χερσίν bei Suidas. Das wird auf LXX
Reg. 2, 7, 14 bezogen: καί ελέγξω αυτόν έν ράβδω άνδρών καί έν
άφαΐς υιών ανθρώπων. Und wenn auch diese Bedeutung noch
nicht, wie Stephanus mit Vorbehalt annahm, schon im Axiochus
1 Später auch in den Darstellungen der platonischen Lehre; vgl. Albi-
nus 19f. (174 Herrn.). Auch Timäus der Locrer hat das Wort, § 8.