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Goldschmidt, Richard H.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 6. Abhandlung): Postulat der Farbwandelspiele — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38940#0023
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Postulat der Farbwandelspiele.

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Hirschfeld-Mack zeigte sich, in einem sonst dunkeln Raum, »be-
wegtes Licht gefügt in einen zeitlich geordneten Rhythmus« als
ein Hin und Her, als ein Auf und Nieder weiß- oder farbig-
getönter, leuchtender Dreiecke, Rechtecke und anderer plani-
metrisch-einfacher Flächenformen. Beispielsweise erschienen (zum
Rhythmus einer eigens hierfür komponierten Begleitmusik ruck-
weise wachsend und schwindend:) drei, sechs, neun und mehr
gleichseitige Dreiecke, Rechtecke, Mondsicheln, Ringe, Wellen-
linien .... weiß, auch mit Silberglanz, rot, gelb, gelbbraun, grün,
hellblau, dunkelblau, violett. Bewegung und Wachstum oder Zu-
sammenschrumpfen der leuchtenden Figuren erstreckte sich nach
oben und nach unten, sowie seitwärts, auch schräg. Dabei konnte
ein Zusammenschrumpfen der Figuren, etwa der Rechtecke, als
deren Sichzusammenrollen, ein Wachsen aber als Auseinander-
rollen erscheinen. Es brauchten nur einige wenige Figuren bewegt
dargeboten zu werden, um die Aufmerksamkeit dermaßen zu fesseln,
daß von dem übrigen Teil des Gesichtsfeldes, von seiner Dunkel-
heit nichts weiter bemerkt wurde, daß dieser dunkle Teil kaum,
nicht einmal als dunkler Hintergrund zum Bewußtsein kam. —
Die vorstehende, beispielsweise herausgegriffene Beschreibung be-
wegter Farbformflächen erfaßt diese in einer nüchternen Registrie-
rung, so, wie sie sich einem Betrachter auf drängt, wenn er nicht
zu einem künstlerischen Erlebnis kommt.
Hirschfeld-Mack sah in seinen »reflektorischen Lichtspielen
. . . durch die eindrucksvolle physisch-psychische Wirkung der
direkten farbigen Strahlen das geeignete Mittel, die Brücke des
Verständnisses zu schlagen hin zu den vielen, die ratlos den abstrak-
ten Bildern der Maler . . . gegenüberstehen . . . .« Indessen ist es
recht fraglich, ob sich nicht leichter für ein Bildwerk abstrakter
Malerei ein Verständnis gewinnen läßt, als für die nicht nur fiktiv,
sondern wirklich bewegten Farbformflächen. Wenn »die abstrakten
hannover . . im August 1927« in ihren »erklärungen zur erleichte-
rung des Verständnisses für abstrakte kunst« angeben: », abstrakt
malen heißt: ein gewähltes bildformat, also eine fläche durch
rhythmus in form und färbe aufteilen«, so fordern sie hiermit etwas,
was auch bei Kompositionen Gegenstand-abbildender Gemälde
und bei ornamentalen Aufgaben mitspricht, einem Betrachter daher
nur in seiner Isoliertheit, nicht aber in seinem Wesen so befremdlich
ist, wie ein gleichsam aus der Ruhe des Gemäldes herausgerissenes
abstraktes Lichtspiel. —■ Jedenfalls erleichtert die Bekanntschaft
 
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