Metadaten

Goldschmidt, Richard H.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 6. Abhandlung): Postulat der Farbwandelspiele — Heidelberg, 1928

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38940#0042
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
42

R. H. Goldschmidt:

Farbdarbietungen“ (nach 5.—11.) und anschließende Experimental-
Untersuchungen (nach 12.) führten immer wieder zu der Frage:
in welcher Form eine Farbe darzubieten sei, damit sie als
solche mit voller Hingabe erlebt werde ? Die Frage verrät bereits
ein starkes Interesse an der Farbe, wie es sich heute nicht
nur in den mannigfaltigen Bemühungen zur Erlangung reiner Farb-
wirkung, sondern auch sonst vielfach zeigt; beispielsweise in dem
farbenfrohen Anstrich alter Häuser, in alten Straßen der Städte
Frankfurt am Main, Magdeburg und Münster in Westfalen, oder
auch vielerorts in eleganten modernen Gaststätten, sowie in kine-
matographischen Theatern. Trotzdem nun die (in 5.—12.) mit-
geteilten Erfahrungen besonders mit ihrem Hinweis auf Hirsch-
feld-Mack und Laszlö aus jüngster Zeit stammen, eignen sie
sich doch, gleichsam wie Vorstudien, zur Einführung in die eigenen
älteren Forschungsreihen, die bereits 1910 begonnen worden sind,
wobei deren Ausgangsfrage auf Gedanken aus dem 18. Jahrhundert
zurückgriff, auf Gedanken, deren Vorbereitung sich noch sehr viel
weiter zurückverfolgen läßt, die besonders stark während der
beiden letzten Jahrhunderte erlebt wurden und immer wieder zu
Bemühungen um reine Farbenkunst geführt haben (vgl. 5.). Bei-
spiele solcher Gedanken finden sich in der bereits erwähnten Lite-
ratur bei vielen Autoren, besonders bei Castel, Beau, Bertrand-
Taillet und Scrjabin, sowie auch sonst in vielen einzelnen Äuße-
rungen, so bereits bei Plato, sowie besonders in Überlegungen von
A. Kircher, I. Kant und in Goethes Notiz einer Bemerkung von
Leonardo da Vinci über ein Farbklavier. Und ganz besonders
eingehend erörterte M. Mendelssohn die Möglichkeit einer reinen
Farbenkunst, in dem Gedanken, es sei eine Grundforderung der
abstrakten Farbenkunst, daß die Farben ohne Form erscheinen
müßten (eine Erfüllung dieser Forderung hat freilich er selbst
noch für unmöglich gehalten, da sich Farben nicht ohne Konfigura-
tion darbieten ließen).
Moses Mendelssohn schrieb (im ersten Teil seiner philo-
sophischen Schriften, 17611, 17902, S. 87—90 im 11. Brief von
Theokles an Euphranos, sowie S. 158—162): »Die Augen haben
unter allen sinnlichen Gliedmaßen die ältesten und gerechtesten
Ansprüche auf unsere Erkenntnis sowohl als auf unsere Glück-
seligkeit . . . Kaum hat man im letzten Jahrhunderte angefangen,
auf die Spur einer Harmonie der Farbe zu kommen. Was man in
der Malerey von der Farbenharmonie wußte, beruhte auf blosen
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften