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Goldschmidt, Richard H.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 6. Abhandlung): Postulat der Farbwandelspiele — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38940#0060
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R. H. Goldschmidt:

mal zwischen Röte und Bläue noch der Farbcharakter Rot-Blau
oder Blau-Rot sich in einer gleichen (oder in geringerer) Stärke
geltend machte, oder aber statt dieses einen Farbcharakters analog
sogar deren zwei, Purpur und Violett.
Die Annahme mehr oder minder prominenter Färb Charaktere,
und einer unterschiedlichen Weite des jeweils entsprechendenFarb-
Charakter-Bereichs (hierzu gehörender, bei fortschreitender Diffe-
rentiierung erfaßbarer, einzelner konkreter Farbtöne), bedeutet eine
gewisse Labilität der Färb-Charaktere. In dieser Hinsicht
erinnern die Farb-Charaktere an Wundts ,,Hauptfarben“, insofern
diesen eine hervorragende Vorstellungsgeläufigkeit zukommt. Ferner
erinnern die Farb-Charaktere Rot, Gelb, Grün, Blau an Herings
,,Urfarben“, insofern diese ex definitione als typische Repräsen-
tanten ihres Farb-Charakters, beispielsweise der reinen Röte ohne
eine Spur von Gilbe und Bläue, gelten dürfen (ohne daß in diesem
Zusammenhänge zu Herings physiologischer Deutung der soma-
tischen Grundlagen für das Farberieben Stellung zu nehmen ist);
den „Urfarben“ Herings als Farb-Charakteren wäre nun (ev. unter
Erweiterung oder Modifikation seiner Lehre, z. B. durch eingehende
Mitberücksichtigung der Chromato-Adaptations-Prozesse) eine ge-
wisse Labilität zuzusprechen.
Die „absolute“ Beziehung eines physikalisch bestimmten Farb-
reizes zu dem Farb-Charakter seines Eindrucks, insonderheit zum
typischen Repräsentanten für die wohl stets stärkst prominenten
„Rot-, Gelb-, Grün-, Blau-“Charaktere, ist (nach 7.^ keineswegs
konstant, schwankt aber, wenigstens unter gewöhnlichen Beob-
achtungsbedingungen, und sofern die Relationen von Lichtwellen-
Längen und -Breiten miteinander vergleichbar sind, in längst nicht
dem großen Ausmaße, wie die entsprechende „absolute“ Beziehung
der Lichtreizstärken zu den Helligkeits-Charakteren; es sind ja
auch Unterschiedlichkeiten der Chromato-Adaptation in längst
nicht dem großen Ausmaße zur Erscheinung gelangt, wie die unter-
schiedlichen Grade der Hell-Dunkel-Adaptation (nach R. H. Gold-
schmidt, „Farbentüchtigkeit“, Z. f. Sinnesphysiol. L„ 1918, und
„Klarsichtbrillen“, Z. f. angew. Psychol. XVIII, 1921).
Ein Schwanken der „absoluten“ Beziehungen zwischen Farb-
reizen und Farbcharakteren hat prinzipiell (der Art, wenn auch
nicht dem Grade nach) für Farben die nämliche Bedeutung, wie
das entsprechende Schwanken „absoluter“ Beziehungen für Hellig-
keiten, sodaß die Farbcharaktere, wie die Helligkeitscharaktere,
 
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