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II. Der Aussagesatz und die logische Synthese des Einen u. des Andern. 53
bedeutende Satz lauten würde: „Feuer existiert“, oder „das ist
Feuer“. Darauf kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Wir
wollten nur zeigen, weshalb es ungerechtfertigt ist, zu sagen, wir
brächten mit dem Ausgehen vom Satz willkürlich in den sinnlichen
Ausdruck wahrer Gebilde eine Doppelheit des Einen und des Andern
hinein. Gerade solche Ausrufe wie „Feuer!“ zeigen vielmehr, wie
wenig hier von Willkür die Rede sein darf. Die Zweigliedrigkeit des
sinnlichen Ausdrucksmittels ist auch dann zu konstatieren, wenn
nur ein Wort vorkommt. Der zweite Faktor wird dann, wie wir
sahen, durch ein anderes Ausdrucksmittel, Betonung oder Zeichen,
ersetzt.
Flaben nun aber darum solche Fälle gar keine Bedeutung für
die Logik ? Dieser Meinung braucht man nicht zu sein. Daß wir
in sehr verschiedener Weise dieselbe Wahrheit zum sprachlichen
Ausdruck bringen, und daß eventuell nur ein Wort dazu nötig ist,
weil statt des zweiten schon eine verständliche Betonung oder ein
verständliches Satzzeichen genügt, bleibt für das Problem des Ver-
hältnisses von sprachlicher und logischer Struktur, besonders im
vorwissenschaftlichen Denken, gewiß von Interesse. Aber es
wäre völlig verfehlt, aus solchen Eigentümlichkeiten der sprach-
lichen Ausdrucksweise und ihrer grammatischen Eigenart Schlüsse
auf die logische Struktur der wahren Sinngebilde zu ziehen, oder
gar zu glauben, an Beispielen dieser Art ließe sich das Wesen der
wahren Erkenntnis am besten klar machen. Das Gegenteil ist
richtig. Wir müssen vielmehr solche Fälle als das behandeln, was
sie sind, nämlich als Ausnahmen, die sogar im praktischen Leben
relativ selten Vorkommen, und die in der Wissenschaft gewiß keine
wesentliche Rolle spielen. Sie zeigen dann, wie vorsichtig man bei
der Übertragung von grammatischen Eigentümlichkeiten der
Sprache in das logische Gebiet des Sinnes sein muß, und an solcher
Vorsicht lassen wir es gerade dann nicht fehlen, wenn wir feststellen,
daß, wo in einem sprachlichen Ausdruck entweder das grammatische
Prädikat oder das grammatische Subjekt als Wort fehlt, ein an-
derer Faktor an seine Stelle tritt, der das mangelnde Wort ersetzt
und so die Zweiheit des Einen und des Andern herstellt.
Im übrigen können diese Ausnahmen, die in Wahrheit nur die
Regel bestätigen, jetzt für uns als erledigt gelten, und wir werden uns,
ohne den Vorwurf einer petitio principii fürchten zu müssen, von
nun ah nur noch an ganze Sätze halten dürfen, d. h. an sprachliche
Gebilde, bei denen die Doppelheit des Einen und des Andern, die hei
 
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