164
Zweiter ontologischer Teil.
Sobald wir nun aber in der Ontologie auch nur alle die Arten
des Seins in Betracht ziehen, die als Prädikate zugleich Erkenntnis-
formen, nicht nur Denkform, sind, fallen die Aufgaben dieser
Disziplin durchaus nicht mehr mit den Aufgaben zusammen, die
man der Metaphysik stellt, sondern das Gebiet der Ontologie
wird dann, wenigstens nach dem Sprachgebrauch, an den wir
gewöhnt sind, viel umfassender als das der „Metaphysik“.
Diese Wissenschaft ist dem Namen und dem Herkommen nach
immer die Wissenschaft von einer besonderen Art des Seins, das
wir mit den verschiedensten Namen als „übersinnlich wirklich“
oder als „an sich seiend“ oder als „wahrhaft seiend“ bezeichnen
oder am besten griechisch „ontos on“ nennen. Metaphysik braucht
ein psTa, ein „darüber hinaus“, ein „transzendentes“ Sein, sie will,
wie man auch sagt, zum „Wesen“ der Welt Vordringen, das nicht
nur jenseits alles „Scheins“, sondern auch jenseits aller „Erschei-
nung“, jedenfalls jenseits der Sinnenwelt, eventuell aber auch
jenseits jeder andern diesseitigen, eventuell unsinnlichen Welt
liegt, also auch jenseits des unmittelbar verstellbaren Seins, das
zum Diesseits zu rechnen ist.
Nach einer solchen Begriffsbestimmung liegen bei „Ontologie“
und „Metaphysik“ also zwei Wissenschaften vor, die in einem
analogen Verhältnis wie Logik und Erkenntnistheorie zueinander
stehen, insofern die Ontologie die umfassendere Disziplin von
beiden ist, und die Metaphysik von ihr nur einen Teil bildet.
Zwar wird die Metaphysik gewiß auch von den „diesseitigen“
Arten des Welt-Seins sprechen müssen, schon um ihr „wahres“,
jenseitiges Sein gegen sie abzugrenzen. Aber ihr Schwerpunkt liegt
doch immer im „Ansichseienden“ als dem Jenseits, und was noch
wichtiger ist für die Trennung der beiden Disziplinen: es läßt sich
eine allgemeine Ontologie als Lehre vom „Sein“ der Welt in
ihrer Totalität denken, die geradezu in einen Gegensatz zur Meta-
physik tritt, insofern sie von einem „übersinnlich“ Seienden, von
einem „ontos on“ oder von irgendeinem anderen Jenseits bei der
Erkenntnis der Welt überhaupt nichts wissen will. Sie wird dann
erklären, gerade das, was der Metaphysiker bloße „Erscheinung“
oder bloßes Diesseits nennt, sei das „eigentlich“ Seiende, denn eine
andere Seinsart der Welt als die des unmittelbar gegebenen dies-
seitigen Seins lasse sich entweder überhaupt nicht denken, oder
entziehe sich wenigstens der wissenschaftlichen Untersuchung. Man
habe daher zwar gewiß Ontologie als Lehre vom Sein des Welt-
Zweiter ontologischer Teil.
Sobald wir nun aber in der Ontologie auch nur alle die Arten
des Seins in Betracht ziehen, die als Prädikate zugleich Erkenntnis-
formen, nicht nur Denkform, sind, fallen die Aufgaben dieser
Disziplin durchaus nicht mehr mit den Aufgaben zusammen, die
man der Metaphysik stellt, sondern das Gebiet der Ontologie
wird dann, wenigstens nach dem Sprachgebrauch, an den wir
gewöhnt sind, viel umfassender als das der „Metaphysik“.
Diese Wissenschaft ist dem Namen und dem Herkommen nach
immer die Wissenschaft von einer besonderen Art des Seins, das
wir mit den verschiedensten Namen als „übersinnlich wirklich“
oder als „an sich seiend“ oder als „wahrhaft seiend“ bezeichnen
oder am besten griechisch „ontos on“ nennen. Metaphysik braucht
ein psTa, ein „darüber hinaus“, ein „transzendentes“ Sein, sie will,
wie man auch sagt, zum „Wesen“ der Welt Vordringen, das nicht
nur jenseits alles „Scheins“, sondern auch jenseits aller „Erschei-
nung“, jedenfalls jenseits der Sinnenwelt, eventuell aber auch
jenseits jeder andern diesseitigen, eventuell unsinnlichen Welt
liegt, also auch jenseits des unmittelbar verstellbaren Seins, das
zum Diesseits zu rechnen ist.
Nach einer solchen Begriffsbestimmung liegen bei „Ontologie“
und „Metaphysik“ also zwei Wissenschaften vor, die in einem
analogen Verhältnis wie Logik und Erkenntnistheorie zueinander
stehen, insofern die Ontologie die umfassendere Disziplin von
beiden ist, und die Metaphysik von ihr nur einen Teil bildet.
Zwar wird die Metaphysik gewiß auch von den „diesseitigen“
Arten des Welt-Seins sprechen müssen, schon um ihr „wahres“,
jenseitiges Sein gegen sie abzugrenzen. Aber ihr Schwerpunkt liegt
doch immer im „Ansichseienden“ als dem Jenseits, und was noch
wichtiger ist für die Trennung der beiden Disziplinen: es läßt sich
eine allgemeine Ontologie als Lehre vom „Sein“ der Welt in
ihrer Totalität denken, die geradezu in einen Gegensatz zur Meta-
physik tritt, insofern sie von einem „übersinnlich“ Seienden, von
einem „ontos on“ oder von irgendeinem anderen Jenseits bei der
Erkenntnis der Welt überhaupt nichts wissen will. Sie wird dann
erklären, gerade das, was der Metaphysiker bloße „Erscheinung“
oder bloßes Diesseits nennt, sei das „eigentlich“ Seiende, denn eine
andere Seinsart der Welt als die des unmittelbar gegebenen dies-
seitigen Seins lasse sich entweder überhaupt nicht denken, oder
entziehe sich wenigstens der wissenschaftlichen Untersuchung. Man
habe daher zwar gewiß Ontologie als Lehre vom Sein des Welt-