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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0022
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18

Ernst Hoffmann:

ist bloß fragmentarisches Abbild eines wirklichen Sinnenbildes
(der Erde als Kugel, wie sie sich der empirischen, geschulten Be-
obachtung erschließt); dies geographische Erdbild aber ist wieder-
um nur Abbild eines mathematischen Vorbildes (der reinen Kugel-
form), und dieses Vorbild ist noch einmal Abbild des erst nunmehr
erreichten wahren Urbildes (die Kugel als Körperform gleicher
Radien ist bloß mathematisches Abbild der dialektischen Idee der
Gleichheit).
Schon sobald wir außerhalb der Höhle waren, fanden wir
uns erlöst von aller Enge und Unfreiheit, die mit einer Be-
schränkung der Erkenntnis auf Objekte sinnesanschaulicher Wahr-
nehmung notwendig verbunden ist; d. h. sobald das Denken es
mit Begriffen zu tun hat, ist es bereits von der Sinnlichkeit und
ihren Schranken entbunden. Aber erst wenn es sich statt um
(einzelwissenschaftliche, rationale) Begriffe um (universale, dia-
lektische) Ideen handelt, wenn das Denken nicht mehr wissenschaft-
lich-progressiv, sondern philosophisch-regressiv* 1 ist, wenn es zum
Ideenhimmel emporblickt, ist der Bezirk des unbedingten Seins
der urbildlichen Ideen2 erreicht, und nun erst die ganze Proportion
von der Noesis bis zur Eikasia übersehbar geworden: Die urbild-
lichen Ideen der Dialektik spiegeln sich, wie Himmelsordnung
im Irdischen, in den Begriffen der einzelwissenschaftlichen Dia-
noetik; von ihnen wiederum sind die Objekte empirischer Wahr-
nehmung räumlich-zeitliche Abbilder, und davon wieder sind die
Eindrücke der naiven Sinnesanschauung schattenhafte Teilaspekte.
So weit sind nach Platon die Erkenntnisgegenstände eines primi-
tiven Realismus wie des der Abderiten von der ‘Wahrheit’ ent-
fernt, daß jenen Philosophen3 des ‘Handgreiflichen’ als Original
erscheint, was für Platon Kopie dritten Ranges ist.
tern verbundenen Schein und Trug ankommt, wird später erwähnt werden.
1 Resp. VI, 510b.
2 Die Ideen sind so wenig bloße Abbilder des Einen, wie die Sterne
bloße Abbilder der Sonne sind. Paß erst mit den Ideen der Bestand des ur-
bildlich Wahren erreicht ist, ist für Platon eine feste Position im Kampf
gegen die sophistische Logik vom empirischen Ursprung der Begriffe: Wenn
Begriffe durch Vergleichung von Dingen auf ihre gemeinsamen Merkmale
hin abstrahiert werden, so muß vorher der ‘Gesichtspunkt’ feststehen, unter
welchem verglichen wird. Der Vergleichung gehen also logisch schon
Urteile voran, die wiederum auf Begriffe gegründet sind. Daher ist die Idee
als das Allgemeine nicht sowohl Gattungsvorstellung als vielmehr scharfes
Prinzip (deshalb dcxpißcöt; oxoTietv).
3 Vgl. Theaet. 155 e dbrp'G tchv /epolv Aaßeaboa.
 
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