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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0062
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Ernst Hoffmann:

sierender Richtung wird das Phiionische Korpus den Christen zur
Fundgrube, sondern mit Philon dringt die für die christliche
Spekulation bestimmend werdende personifizierende Denkform in
die Philosophie ein: Der Ideenbereich als Inbegriff von Gottes
Weisheit wird unter dem Logosnamen als ‘Sohn’ Gottes personi-
fiziert; er ist Gottes ‘Erstgeborener’, während die Welt zum
zweiten Erzeugnis Gottes wird. Was die hellenistische Platon-
konversion angefangen hatte, Platons tmematisches Denken zu
einem organischen umzugestalten, beginnt, von Philon an, in
eine abermals neuartige Phase zu treten: Universale Begriffe
werden personell gefaßt1.

VII.
Das geistesgeschichtlich Besondere der hellenistischen Platon-
tradition liegt darin beschlossen, daß die besprochenen Richtungen
zwar sämtlich mit Platon auf das Problem der Formgebung der
entstandenen Welt eingestellt waren, daß sie dabei aber grund-
sätzlich in der Weise des Aristoteles philosophierten, der die
Methexis verworfen und die Frage der Formgebung durch die der
Formwerdung ersetzt hatte. Aus dieser Spannung zweier diver-
gierender Tendenzen ergab sich einerseits das (seither immer wieder
erneuerte, damals aber originale) Motto, Platonische und Aristo-
telische Philosophie seien im Grunde dasselbe; und es ergab sich
andererseits, daß mit Beflissenheit Platonische Motive und Lehr-
stücke im Sinne der neuen mystischen Umbildung ausgedeutet
wurden, unter der die Kontamination der beiden klassischen
Denksysteme am ehesten möglich erschien. In der Tat gibt es für
alles, was wir an späterer Konversion des ursprünglichen Platonis-
mus kennengelernt haben, dem Scheine nach und wenigstens for-
mell, bei Platon selber Anklänge; und es gelang den Neuplatoni-
kern, eine Tradition der Platonexegese zu schaffen, die über
Byzantiner, Araber und abendländische Scholastik führend noch
den Renaissance-Platonismus in eindeutig mystischer Richtung be-
stimmte. Es ist auch heute nicht abgetan, etwa Platons Theion
1 Erst von diesem Punkte aus wird das Eindringen orientalischer
Denkstile in die abendländische Philosophie bzw. die Rückwendung der Philo-
sophie zu ihnen, faßbar; nicht vorher. Was dabei herauskommt, ist Gnostik.
Männer wie Plutarch zeigten, wie man als Platonilcer trotz der Tendenz,
Theologie als uXt; cpikoaotpla«; zu verwenden, der gnostischen Begriffskon-
version sich zu entziehen vermochte.
 
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