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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0026
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22

Ernst Hoffmann:

seiend oder als nichtseiend bezeichnet werden, je nachdem ihr
Werden als Teilhabe am echten Sein legitimierbar ist oder nicht* 1.
Dem Platonischen Schema der drei Bereiche liegt deutlich die Ver-
einigung zweier prinzipieller Auffassungen zugrunde: erstens daß
alles Weltliche zu Gott im Verhältnis der Existenz zu ihrem
Grunde steht, zweitens daß alles Sinnliche zum Sein im Verhältnis
des Eidolon zum Eidos steht. Die Vereinung beider Motive liegt
im Begriff der Methexis; dieser Begriff postuliert erstens das, was
teilhat, zweitens das, woran es teilhat, drittens das, was die Teil-
habe ermöglicht.

IIP
In unlöslichem Zusammenhänge mit den besprochenen drei
Grundbegriffen Gott, Ideenbereich, Erscheinungswelt steht bei
Platon das Problem der Seele. Wie ist das Psychische zu bestim-
men ? Sicherlich nicht so, als wäre Seele eine Wesenheit, die ent-
weder einer jener drei Grundpositionen gleichzusetzen, oder die
als vierte zwischen oder außer ihnen selbständig anzunehmen wäre;
sondern mit jenen drei früheren Positionen sind die einzig gesicher-
ten Ausgangspunkte des Pliilosophierens für Platon erschöpft2.
Seine Lehre ruhte nicht weniger prinzipiell auf der These, daß es
nur erstens Gott, zweitens das Seiende, drittens Erscheinungen
gibt, als etwa der gleichzeitige abderitische Materialismus auf der
entgegengesetzten These ruhte, daß es nur erstens den leeren Raum,
zweitens die Atome und drittens die Ortsbewegung gebe. Unter
‘Seele’ aber ist hei Platon etwas zu verstehen, das es grundsätzlich
in allen drei von ihm angenommenen Bereichen geben muß. Erstens
hat das Psychische seine Stätte im Bereich der Phänomene. Es
gibt nach dem Theaetet psychisch-Pliänomenales auf dem ganz
gleichen Niveau, wie es körperlich-Phänomenales gibt; für beide
hat Heraklit die selbe Regel des Verströmens festgestellt. Zwei-
templativa im Theaet. 174aff.). Hingegen Platon hat beansprucht, durch
seine Lehre von den Ideen und vom Guten der Vorstellung vom olympischen
Götterhimmel und vom König der Götter erst den wahren Sinn zu geben.
Hierzu konnte ihm als Mittel der Symbolik der göttliche Charakter der Ge-
stirne dienen.
1 Eine Krankheit ‘ist’ z. B. das, als was sie uns ‘erscheint’, Parmen.
130d; die Gesundheit aber setzt, wie schon der Gorgias lehrte, eine Idee
voraus.
2 Ebenso wenig wie das Seelische gehört das Körperliche für Platon zu
den Konstituentien der drei Grundbereiche, auch im Phaidon werden Ideen-
 
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