Platonismus und Mystik im Altertum.
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verschieden. Der Körper, rein als Körper, kann nichts dazu tun,
ob er ‘unter der Mitwirkung’ schlechten Getreides durch seine
eigene Schlechtigkeit in Verderben gerät1, so wie das Eisen gegen
den Rost, das Holz gegen die Fäulnis passiv ist; aber die Teilhabe
der Seele hat den Charakter der Aktivität, der tätigen Beziehung
zu den Ideen durch eine die Wahrheit erstrebende Selbstbemühung.
Daher ist nicht die ganze Seele unser eigentliches Selbst; wohl
aber ‘in’ der Seele liegt das Selbst, nicht im Körper. Die ‘Seele
selbst’ ist dasjenige in uns, was sich selber fragt, ob etwas ‘ist’
oder nicht2, und sich selber antwortet, durch diesen urtümlichen
Akt Eigenleben der Erkenntnis erzeugt, zwischen Sein und Nicht
sein, zwischen So und Anders, zwischen Gut und Böse unterscheidet
und nach Maßstäben ‘urteilend’ entscheidet, zugleich Anwalt
der Wahrheit und Richter über den Trug, demnach dialektisch
denkt, von Natur philosophisch ist: ein Bewußtsein also, welches
auf die Seinseinheiten der Ideen als einzig beständiges Maß ge-
richtet ist und wegen des ‘synoptischen’ Charakters aller Ideen-
erkenntnis selber ‘eine Art einheitlicher Form’ besitzt3. So ist
‘die Seele an sich’ bei Platon dadurch bestimmt, daß erstens aus
ihrer Erkenntnisaufgabe ihr aktiver Seinscharakter folgt, ihre
monadische Bewußtseinsstruktur; zweitens aus ihrem notwendig
dialektischen und syllektischen Verhalten die erst in seelischer
Sphäre entstehende Alternative von Gesolltem und Nichtgesolltem;
drittens aus ihrer Bestimmung ihr ‘Weg’, ihre ‘Methodos’, deren
Tmemata ebenso zwecklos wären ohne Methexis, wie die Methexis
sinnlos ohne Tmemata4.
Wird dies zentrale Motiv von Platons Seelenlehre festgehalten,
so erscheint der Entwicklungsgang, den seine Psychologie genom-
1 Vgl. Resp. 609 dff.
2 Vgl. Stellen wie Resp. 524 e: die Seele ‘wird genötigt’ txTOpsiv xal
^YjTetv, xivoüaa sv ocuxp tt]V svvoiav, xal ävspcoTocv, -u tot’ eötIv carro tö ov, und
Phaed. 75d: die Seele drückt durch Fragen und Antworten das ‘Siegel des
Seins’ auf uepl <x7tavTcov, olp ETiiacppaYi^opeO-a toüto, o eaxi, xal ev toiq epcoTrjaEaiv
EpcoTwvTE? xal ev xoüq aTOxpiasaiv ocTOxpivogsvoi. Diese Art von ümpressio’ ist
der stärkste Gegensatz zur sensualistischen Tragung’ der Tabula rasa,
der denkbar ist. Platons Bild von der Siegelung wurde im arabischen Plato-
nismus mit der sphärischen Einstrahlungslehre verbunden und führte so
zu einer neuen Konversion der Methexis.
3 In der vorzüglichen Übersicht, die Robin in der Einleitung seiner Aus-
gabe des Phaidon (Paris 1926) über die verschiedenen Formen des Seelenbe-
griffs bei Platon gibt, fehlt auffallenderweise die pia tu; tSea pjyjk gänzlich.
4 Resp. 51 Ob 7) (ROT • • • coitou; toiq el'Seai 8t,’ aÜT«v T7]v pe-9-oSov TOioopevz).
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verschieden. Der Körper, rein als Körper, kann nichts dazu tun,
ob er ‘unter der Mitwirkung’ schlechten Getreides durch seine
eigene Schlechtigkeit in Verderben gerät1, so wie das Eisen gegen
den Rost, das Holz gegen die Fäulnis passiv ist; aber die Teilhabe
der Seele hat den Charakter der Aktivität, der tätigen Beziehung
zu den Ideen durch eine die Wahrheit erstrebende Selbstbemühung.
Daher ist nicht die ganze Seele unser eigentliches Selbst; wohl
aber ‘in’ der Seele liegt das Selbst, nicht im Körper. Die ‘Seele
selbst’ ist dasjenige in uns, was sich selber fragt, ob etwas ‘ist’
oder nicht2, und sich selber antwortet, durch diesen urtümlichen
Akt Eigenleben der Erkenntnis erzeugt, zwischen Sein und Nicht
sein, zwischen So und Anders, zwischen Gut und Böse unterscheidet
und nach Maßstäben ‘urteilend’ entscheidet, zugleich Anwalt
der Wahrheit und Richter über den Trug, demnach dialektisch
denkt, von Natur philosophisch ist: ein Bewußtsein also, welches
auf die Seinseinheiten der Ideen als einzig beständiges Maß ge-
richtet ist und wegen des ‘synoptischen’ Charakters aller Ideen-
erkenntnis selber ‘eine Art einheitlicher Form’ besitzt3. So ist
‘die Seele an sich’ bei Platon dadurch bestimmt, daß erstens aus
ihrer Erkenntnisaufgabe ihr aktiver Seinscharakter folgt, ihre
monadische Bewußtseinsstruktur; zweitens aus ihrem notwendig
dialektischen und syllektischen Verhalten die erst in seelischer
Sphäre entstehende Alternative von Gesolltem und Nichtgesolltem;
drittens aus ihrer Bestimmung ihr ‘Weg’, ihre ‘Methodos’, deren
Tmemata ebenso zwecklos wären ohne Methexis, wie die Methexis
sinnlos ohne Tmemata4.
Wird dies zentrale Motiv von Platons Seelenlehre festgehalten,
so erscheint der Entwicklungsgang, den seine Psychologie genom-
1 Vgl. Resp. 609 dff.
2 Vgl. Stellen wie Resp. 524 e: die Seele ‘wird genötigt’ txTOpsiv xal
^YjTetv, xivoüaa sv ocuxp tt]V svvoiav, xal ävspcoTocv, -u tot’ eötIv carro tö ov, und
Phaed. 75d: die Seele drückt durch Fragen und Antworten das ‘Siegel des
Seins’ auf uepl <x7tavTcov, olp ETiiacppaYi^opeO-a toüto, o eaxi, xal ev toiq epcoTrjaEaiv
EpcoTwvTE? xal ev xoüq aTOxpiasaiv ocTOxpivogsvoi. Diese Art von ümpressio’ ist
der stärkste Gegensatz zur sensualistischen Tragung’ der Tabula rasa,
der denkbar ist. Platons Bild von der Siegelung wurde im arabischen Plato-
nismus mit der sphärischen Einstrahlungslehre verbunden und führte so
zu einer neuen Konversion der Methexis.
3 In der vorzüglichen Übersicht, die Robin in der Einleitung seiner Aus-
gabe des Phaidon (Paris 1926) über die verschiedenen Formen des Seelenbe-
griffs bei Platon gibt, fehlt auffallenderweise die pia tu; tSea pjyjk gänzlich.
4 Resp. 51 Ob 7) (ROT • • • coitou; toiq el'Seai 8t,’ aÜT«v T7]v pe-9-oSov TOioopevz).