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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0093
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Platonismus und Mystik im Altertum.

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Nichtssetzung führt Platon zum Unbegriff des leeren Raumes,
Aristoteles zum Unhegriff der ersten Materie1.
Das einfache Fazit ist: Wir haben allenthalben Transformation
Platonischer Begriffe unter dem Gesichtspunkt einer ganz neuen
Aufgabe: Es gilt nicht mehr, vom Denkerlebnis aus ein Weltbild
zu konstituieren, sondern am gegebenen Gegenstand eine Analyse
zu ermöglichen. Nach dieser neuen Aufgabe richtet sich die neue
Methode.
Die Methode Platons ist Schnittlegung, die des Aristoteles
ist Reihenbildung. Die Aristotelischen Kategorien bilden von der
Ersten Substanz an über die Modi hin bis zu den Relationen eine
‘Reihe’, deren Glieder so eng Zusammenhängen, wie am Seienden-
Selbst die Bestimmungen des Seienden kohärent sind. Und wie
die ‘Kategorien’, die das Seiende aussagen, so bilden auch die
oTot/sta, die das Werdende aufrollen (Potentialität des Stoffes,
Aktualität der Form, Finalität des geformten Stoffes) eine Reihe,
die wiederum in sich selber kontinuierlich ist. Hierbei nun nennt
Aristoteles die Materie öttoxs^svov und Trpcovov. Für Platon
aber war gerade die ‘Idee’ dasjenige gewesen, was uTtcmfUfisvov
und 7rpwTov heißen muß. Aristoteles und Platon fordern beide
‘Grundlegung’ und ‘Erstsetzung’. Aber Aristoteles tut es, indem
er das Gegebene, den Gegenstand, analysiert; Platon tut es,
indem er im Denksein selbst, welches Grundlegung und Erst-
setzung fordert, den ‘Grund’ und das ‘Erste’ findet. So bleibt
bei Platon Grund und Erstes in der ‘oberen’ Sphäre, im Denk-
es ist Historia, sofern wir horizontal das Feld der Erkundung erweitern.
Beide zusammen erschöpfen den antiken Wissenschaftsbegriff, und Wissen-
schaft ist nur Philosophie, sofern sie beiden Dimensionen gerecht wird. Der
Euripideische Vers okßio«; ocm<; tt)p la'iop'uxc, eaye [xa-9-^ai.v (frg. 910) wird
gleichsam zum Motto der griechischen Philosophie, und noch Plutarch ver-
wendet gatb)cn<; xcd tcnropla (Def. orac. 481b) zu besonderer Kennzeichnung
philosophischen Ranges. Die moderne Systematik täte gut zu überlegen, daß
unsere Scheidung in ‘mathematische’ und ‘historische’ Wissenschaften nicht
nur worthaft, sondern sinnhaft auf jenem griechischen Begriffspaare beruht,
welches bestand, bevor noch die Bedeutung beider Vokabeln auf bestimmte
Sonderzweige des Wissens eingeengt wurde. Es handelt sich nicht um ver-
schiedene Teile des Wissens, sondern um zwei einander ergänzende Dimensionen
des Lernens. egTusipla und smairrjpi können voneinander getrennt werden,
auch •9-ecopia und npÖL^iQ-, aber das Zusammen von ga-O-Tjaip und icnropicc
kennzeichnet das Wesen der griechischen Wissenschaft als einer durch die
Dualität der Dimensionen grundsätzlich synthetischen Einheit.
1 S. oben S. 71.
 
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