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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0098
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Ernst Hoffmann:

muß die Form bekommen, daß sie das Verhältnis von Gott, Ideen-
reich und Erscheinungswelt genetisch faßt, — also das Überdia-
lektische in der unterdialektischen Form von ‘Geschichte’ versinn-
bildlicht. Physik muß das Gute personell zum Architekten machen,
welcher auf die Ideen als Musterbilder hinblickt und in den Raum
das Kunstwerk seines Universums hineinbaut. Und der Grund-
charakter dieses Kunstwerks muß der sein, daß es beseelt ist. Denn
Gottes Kunstwerk muß vernünftig sein, also Seele haben. Es muß
dieMethexis vollendet kennen, also wiederum Seele haben. Es muß
Bewegung als Leben, als Autokinese besitzen, also noch einmal:
es muß Seele haben.
In diesem Sinne schreibt Platon im Timaios seine Physik als
Mythos. Alle Vorsokratiker waren sozusagen von der Physik
aus zur Philosophie gekommen: Vom Stoffe, den Elementen, der
Bewegung, den Atomen aus zu den Begriffen des Seins und Wer-
dens. Platon aber kommt von der Philosophie aus zur Physik:
Von Gott, den Ideen und den Erscheinungen aus zum Begriffe
des Kosmos als des Autozoon. Das Lebendige des Kosmos ist
sein Wesen, nicht das Stoffliche; daher verwirft Platon den Be-
griff der Materie und setzt statt dessen den Begriff des Raumes. Die
vernünftige Ordnung des Kosmos ist sein Wesen, nicht seine Auf-
teilbarkeit in Elemente oder Atome; daher verwirft er die Grund-
stoffe und ersetzt sie durch geometrische und stereometrische
Grundformen der Körperwelt. Das Zweckhafte des Kosmos ist
sein Wesen; daher verwirft er das An-sich-sein der mechanischen
Bewegung und läßt den Kosmos durch die Weltseele bewegt
werden.
Alles zwingt zu der Annahme, daß Aristoteles den Realitäts-
begriff, den er seiner Physik und Götteslehre zugrunde legte,
gegen den Kosmos des Timaios gerichtet hat. Wie er seine syllo-
gistische Logik der Demonstrierbarkeit des Richtigen schuf in
Kontrast zu Platons dialektischer Logik der Wahrheitsfindung;
wie er seine konservative Ethik schuf im Gegensatz zur revolutio-
nären Platons, so seine Physik in methodisch schärfstem Kontrast
gegen Platons Timaios. Physik soll nicht Mythos bleiben, sondern
Wirklichkeitslehre werden. Es handelt sich nicht um gewordenes
Sein, sondern um werdendes Sein; nicht um Kreatur als Gegen-
stand des Mythos, sondern um Natur als Gegenstand des Logos.
Es handelt sich nicht um eine Nebenfunktion der reinen Formen,
den Erscheinungen Teilhabe zu gewähren, sondern um die Haupt-
 
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