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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0109
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Platonismus und Mystik im Altertum.

105

Verfolgt man im Altertum und Mittelalter die Berufungen
christlicher Schriftsteller auf vorchristliche Trinitätsdogmen, so
liest man neben orientalischen Zeugen außer Platons Namen (oder
statt seiner) meistens den des Pythagoras, ganz vereinzelt statt
ihrer den des Aristoteles1. In der tausendjährigen Tradition der
Heranziehung gerade dieser hellenischen Namen ruht im vorliegen-
den Falle viel mehr geschichtliche Wahrheit, als auf den ersten
Blick sichtbar erscheint. Denn wenn wir sehen, daß aus dem Drei-
erlei der Prinzipien Platons tatsächlich im hellenistischen Plato-
nismus eine Dreiheit wurde, die zunehmend nach Dreieinheit2 hin
tendierte, so lag auch diesmal (wie bei den in unseren früheren
Kapiteln behandelten3 Problembereichen) das erregende Moment
für die Transformation des Ursprünglich-Platonischen Schemas
zeitlich bereits den hellenistischen Schulen voran und ist unmittel-
bar in den ersten Auswirkungen der Lehre Platons, in den System-
bildungen seiner Schüler zu suchen. Denn der Sinn des Trinitäts-
gedankens erfordert erstens eine Dynamik und Immanenz der Idee:
hierfür war durch die Aristotelische Philosophie der Weg gewiesen
worden. Er erfordert zweitens eine Zahlhypostase und eine Dämo-
nisierung des Absoluten: das lag auf dem Wege der pythagoreisie-
renden Akademie, den Xenokrates beschritten hatte. So zeigt das
Trinitätsdogma des Spätplatonismus noch einmal mit besonderer
Deutlichkeit, aus welchen Wurzeln letztlich die Platonkonversionen
entsprungen sind, die der christlichen Metaphysik ihren Anschluß
an attische Dialektik zu ermöglichen schienen.
Halten wir uns gegenwärtig, was im vorigen Kapitel über die
Lehre des Aristoteles ausgeführt ist, so bemerken wir, daß schon
bei ihm deutlich als ein Grundmotiv seiner ganzen Systematik das
Streben auftritt, die drei Prinzipien Platons so umzugestalten, daß
sie zur Analyse der Einen Weltwirklichkeit verwendbar werden,
1 Oft wird auf vorchristliche Trinitätsspekulation auch in der Weise
Bezug genommen, daß hellenische Philosophie ohne Nennung bestimmter
Philosophennamen in einem Zuge mit orientalischen Sekten genannt wird.
Über Aristoteles bei Johannes Philoponos (Bericht des Leontios von Byzanz)
s. E. Ort, Ein neues Aristoteles-Fragment, Phil. Woch.Schr. LII (1934) Nr. 21
Sp. 589f. Dazu O. Bardenhewer, Gesch. d. altkirchlichen Literatur Y (1932)
S. 7 f.
2 Diese Wortbildung würde, nachdem Leibniz das Wort "Einheit’ statt
des älteren "Einigkeit’ geschaffen hat, im Deutschen die Verbindung von trini-
tas und unitas zutreffend bezeichnen.
3 Siehe oben S. 31ff.
 
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