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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0117
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Platonismus und Mystik im Altertum.

113

er seine Prinzipien Gott, Ideen, Erscheinungen in keiner Hinsicht
und auf keine Weise trinitarisch verbunden hat, obwohl gerade er
dialektisch als erster die Relation von Einheit, Gleichheit, Syn-
thesis im Urteil gesehen hatte. Aber jenes Obgleich ist eben im
Grunde ein Weil. Weil Platon Dialektiker war, faßte er Synthesis
als Methexis, und Methexis muß das Tmema setzen. Und weil
seine Nachfolger keine Dialektiker1 waren, so taten sie diejenigen
Schritte, die in der Folge bestimmt waren, den Trinitätsgedanken
philosophisch vorzubereiten: Xenokrates leitet aus dem Dreieck
die Dreinatur des Ganzen ab und läßt Gott und Welt durch das
Dämonische so zur Einheit kommen, wie das gleichseitige und das
unregelmäßige Dreieck durch die mittlere Natur des gleichschenk-
ligen unter den einheitlichen Begriff Dreieck zu bringen sind2 * * * * * 8.

1 Wie die meisten der heutigen Platondeuter! Schleiermachers Ver-
ständnis für Dialektik war singulär. Heute interpretiert man Platonischen
Text lieber von Xenokratischen und Aristotelischen Positionen her. Das sind
für den, der Platons Originalität bejaht, Außenpunkte. In vorteilhaftem
Gegensätze zu solcher Enge des Blickfeldes stehen die beiden Kapitel über
Platons Gott und Religion in A. Dies, Autour de Platon, Paris 1927, II p. 523
ä 603.
2 Die Erhaltung des wichtigen Fragmentes desXenokrates über Dreieck und
Dreiwesenlehre (23 Heinze) wird der S. 111, Anm. 2 zitierten Schrift Plutarchs
verdankt (Cap. XII, p. 416c). Dieselbe Schrift zeigt auch, wie sehr der ge-
lehrten Erudition des Altertums die Personifizierung universeller Begriffe noch
als Abweichung vom genuinen Platonismus bewußt war. Cap. X, 414f. findet
sich folgende Ausführung: cDa es schwierig sei festzustellen, in welcher Weise
und bis zu welchem Grade man von der göttlichen Providenz Gebrauch machen
solle, sei Gott von den einen zum Grunde von allem gemacht, von den anderen
zum Grunde von nichts; beide aber hätten dabei das [uhrpiov verfehlt. Hin-
gegen Platon habe die Philosophie von großen Schwierigkeiten befreit, indem
er das den kreatürlichen Qualitäten zugrundeliegende Substrat (sc. den Raum),
das man jetzt Materie und Natur nenne, herausgefunden habe als (sc. mit-
verursachendes) Moment. Noch besser sei die Lösung der Schwierigkeiten
denen gelungen, welche die Dämonen in die Mitte zwischen Götter und Men-
schen gesetzt und dies Genos als das herausgefunden hätten, was die Gemein-
schaft ouvayst, zlq tocutö xal ouvxxtsi, möge nun diese Lehre von Zoroaster
oder Orpheus stammen, möge sie ägyptisch oder phrygisch sein.’ An dieser
Stelle ist aber auch zweitens bemerkenswert, daß Plutarch den Platonischen
Raum noch zu unterscheiden vermag von dem, was erst spätere Fehlinter-
pretation unter Wirkung von Aristoteles’ TipcoTV] ü>o] zur Materie und Physis
gemacht hatte; Eusebius ignoriert die Pointe bereits, er schreibt Praep. Evang.
5, 4, wo er die Stelle zitiert, nicht 6 vüv üXt;v xal cpüaiv xaAoüaiv, sondern t)v
ü7a]v xaXoüaiv. Drittens weiß Plutarch, daß Platons Dämon kein auvaraov ist.
Es ist also verfehlt, wenn in der neuesten Ausgabe Sievering hier Plat.
8 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil. hist. Kl. 1934/35. 2. Abh.
 
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