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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0122
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Ernst Hoffmann:

die 'Phänomene5 des empirisch Werdenden als ein nur scheinbares
Sein (z. B. die faktischen Staaten); drittens aber, gleichsam zwi-
schen beiden, die von reiner Denkerkenntnis zu ersinnenden 'Pa-
radeigmata5 (z. B. der wahre Staat der Gerechtigkeit), in denen
seiendes Urbild und werdendes Abbild im Begriffe des 'Vorbildes5
methodisch aufeinander bezogen sind. Das Paradeigma ist der-
jenige Begriff, der, rein nach der Norm der Ideen gedacht, den Er-
scheinungen aufgeprägt werden soll; er ist •— in späterer Termino-
logie zu sprechen — das Ideal, welches weder nur 'denkbar5 wie
die Idee noch nur 'wahrnehmbar5 wie die Erscheinung ist, sondern
welches das rein Gedachte zur plastischen Vorstellung konkreti-
siert, das bloß Sinnliche zu denkbar größter Vollkommenheit in
abstracto erhöht und auf diese synthetische Weise die Norm für
das, was Menschen aufgegeben ist, vollendet in sich enthält. Bei
Augustinus ist es im Prinzip ein Einbauen dieses Motivs des genuinen
Platonismus in Geschichtskonstruktionen orientalischer Eschato-
logie, wenn es für ihn nicht nur das himmlische Jerusalem als
Civitas divina und das irdische Babel als Civitas terrena gibt, son-
dern gleichsam zwischen beiden das irdische Jerusalem als ideales
Symbol1 für das himmlische. Denn die alten Propheten hätten
Manches gesagt, was nur auf das himmlische, Manches, was nur
auf das irdische Jerusalem bezogen werden dürfe, Manches aber
auch, was dem Sinne nach auf beide gehe; richtige Schriftauslegung
also müsse in gewisser Beziehung die himmlische Stadt in der irdi-
schen sehen. Dies ist die Methode der 'Zeichendeutung5, die Augu-
stinus lehren will, und die so wenig gegen seinen grundsätzlichen
Dualismus spricht, daß sie ihn vielmehr in Wahrheit erst vollendet.
Denn wenn es auf Erden nach Gottes Willen ein Gefäß für ewige
Bestimmung geben sollte, so können wir in unserem Stande Gottes
Willen höchstens noch symbolisch lesen. Bei Platon liegt das
paradeigmatische Symbolon im reinen Begriffe, weil in diesem die
Denkmomente und die Anschauungsmomente koinzidieren; und
deshalb ist diejenige Wissenschaft, welche einen durchgehend para-
deigmatischen Charakter hat, für Platon die Mathematik. Bei
Augustin aber muß das Symbolon in der Welt liegen; denn Gott
hat sie faktisch geschaffen, und er hat zugleich den Heiland als
den maßgebenden Zeichendeuter2 gesandt, von dem allein wir lernen
1 Daher die Significatio als das Prinzip der Schriftauslegung Doctr.
Christ. II.
2 Doctr. Christ. III, 4, 10: Jesus als der Zeichendeuter, die Sendung
 
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