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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0130
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126

Ernst Hoffmann:

Hinwendung zum Höchsten nur die höchste Sprache angemessen
sei, wobei zwischen Poesie und Prosa ein grundsätzlicher Unter-
schied nicht bestand1. Weit über den Umkreis von Platons Schule2
hinaus wirkte das hymnische um Menschenseelen für
hohes Verständnis empfänglich zu machen. Der Lobgesang auf
die Alma Venus und ihre Lebensfeier in der Natur, zu Beginn des
Lukrezischen Lehrgedichtes, ist auf epikureische Weise durch dieses
Motiv ebenso mitbestimmt wie das von so ganz anderer Gesinnung
getragene Hohe Lied des ersten Korintherbriefes, welches das
höchste christliche Charisma mit Anklängen an Platonische Topoi
verherrlicht3. So lag es im Sinne der philosophischen Aufgabe und
im Wesen ihrer geschichtlichen Entwicklung begründet, daß die
Kunstform des Hymnus vor allem dort willkommen wurde, wo die
alte Wortbedeutung von Philosophie als der Liebe, ja als dem
Sehnen nach Weisheit sich mit der neuen Tendenz verband, die
wahre Weisheit nur in mystischer Gottesweisheit erfüllt zu sehen.
Dies Verlangen nach Gottesweisheit spricht sich in den späten neu-
platonischen Hymnen am reinsten und dort in derjenigen Form
aus, die vom sechsten Jahrhundert an unmittelbar von den Chri-
sten übernommen wurde. Aber der Neuplatonismus brachte auch
hier nur den Abschluß und die systematische Verfestigung für eine
Entwicklung, die sich bereits langsam und stetig im religiösen Be-
1 Denn es gab auch in der Philosophie rhythmische Prosa. Vgl. die
(z. T. gereimten) Rhythmen in der Agathonrede Conv. 197 df., welche F. Boll
in seiner Übersetzung des Gastmahls (Tusculum-Bücher 1926) S. 49 deutsch
nachgebildet hat. — Der Unterschied des Wesens und der Wirkung, den wir
heute zwischen Prosa und Poesie zu finden glauben, hat überhaupt in der
Antike nicht existiert, auch nicht in der christlichen. Ygl. E. Norden, Antike
Kunstprosa, S. 861, über die hochrhethorische Predigt und den feierlichen
Kirchengesang in Bezug auf Rhythmus und Reim.
2 Vgl. auch das hohe Pathos derjenigen Partien, in denen Cicero der
kulturbringenden Philosophie, Seneca dem gottgleichen Sapiens, Plinius dem
vollkommenen Universum ihr Gloria singen.
3 Conv. 197d: Eros nimmt uns die Abneigung gegen andere und erfüllt
uns mit Zuneigung, gibt uns Sanftmut und entfernt die Rohheit, spendet Wohl-
wollen und enthält sich des Übelwollens, ist freundlich, willfährig, Göttern und
Menschen angenehm. S. C. Ackermann, Das Christliche im Plato, Hamburg
1835, S. 25. — Zum ‘tönenden Erz’ vgl. Protag. 329a: toc xakxeioc uZxysvtoc.
Zum ‘Nichts’ vgl. Aristoteles Metaph. 1026b 14: nXarcov . . . tt;v aocpiaxDojv 7iepl
t6 [B] ov eva^ev. ' Zu ‘Stückwerk’, ‘Spiegelerkenntnis’ und ‘Rätselwort’ s.
bei Platon das Tapacppaygoc Resp. 514b, welches nur fragmentarische Sicht
ermöglicht; die tuuxvoc ts xal XeTtx xcd cpava Resp. 510a; das twv uou&cov aiv^ygoc
Resp. 479c.
 
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