Metadaten

Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 2. Abhandlung): Paulus auf dem Areopag — Heidelberg, 1939

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41997#0021
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Paulus auf dem Areopag.

21

Neigung zu negativen Bestimmungen seines Wesens. Seit eine
iörmliche Aufzählung göttlicher Eigenschaften ausgebildet wurde,
vielleicht, auf Grund älteren Materials, von der Stoa1, ist diese
via negationis der Gotteserkenntnis in der philosophischen Theo-
logie herrschend geworden. Man bevorzugt bei der Schilderung von
Gottes Wesen die Adjektiva mit dem α privativum, man liebt es
auch, ihre Bedeutung in Form von Gegensatzpaaren hervorzu-
heben: unsichtbar, doch alles sehend (Orac. Sibyll. III 12), alles
umfassend, aber von keinem umfaßt (Philo Leg. alleg. I 44 und
öfter). Unter diesen negativen Eigenschaften Gottes ist die Be-
dürfnislosigkeit eine der bezeichnendsten; auch sie wird gelegent-
lich mit einem solchen Gegensatzpaar dargestellt2. Als vornehm-
stes Zeugnis aus der klassischen Dichtung pflegt man die Euripides-
Verse anzuführen (Here, furiosus 1345f.)
δεΐται γάρ 6 Τεός, εΐ'περ εστ’ όρΤώς θεός,
ούδένος. άοιδων ο'ίδε δύστηνοι λόγοι.
Von den Eleaten an wird der Gedanke, daß Gott keines Dinges
bedarf, in allen Richtungen der griechischen Schulphilosophie bis
zu Neupythagoreern und Neuplatonikern wiederholt3 4 * 6.
Völlig fremd aber ist seine Betonung der alttestamentlichen
Frömmigkeit. Und dieser Unterschied hat seine grundsätzliche

1 Geffcken, Zwei griechische Apologeten, 36f.
2 Apuleius De Platone I 5 nihil indigens, ipse conferens cuncta. Ein
Beispiel aus Philo bietet die oben (S. 20, A. 5) zitierte Stelle aus Quod det.
pot. insid. sol. 55, ein christliches die Praedicatio Petri bei Clemens Alex.
Stromata VI 39s άνεπιδεής οδ τά πάντα έπιδέεται.
3 Xenophanes nach Euseb. Praep. ev. I 84 (Diels Doxogr. 580) von den
Göttern: έπιδεΐσθαί τε μηδενός αύτών μηδένα μηδ’ δλως. Parmenides (Diels
Vorsokratiker 18Β 833) über das Ιόν: έ'στι γάρ ούκ έπιδευές. Paraphrase dieser
Stelle bei Antiphon dem Sophisten (aus Suidas; Diels Vorsokr. 80B 10):
διά τούτο ούδενός δεΐται οΰτε προσδέχεται ούδενός τι, άλλ’ άπειρος και άδέητος.
Nach Plato Timaeus 34b ist es bezeichnend für einen ευδαίμων θεός, daß er
ούδενός ετέρου προσδεόμενος ist. Vgl. weiter Plutarch, Comp. Arist. et Cätonis
4 (Cato Maior 31, p. 354 F) άπροσδεής μέν γάρ ό θεός απλώς und De Stoicor.
repugnantiis 1034 B. 1052E (ZenonundChrysipp); Ps. Aristoteles De mundo
6 p. 398b ούδέν γάρ έπιτεχνήσεως αύτώ δει και υπηρεσίας τής παρ’ ετέρων, ώσπερ
τοΐς παρ’ ήμΐν άρχουσι τής πολυχειρίας διά την ασθένειαν; Lucian, Cynicus 12
von den Göttern ούδενός γάρ δέονται. Vgl. noch Diog. Laert. VI 9105 von den
Kynikern, Lucret. II 650 (epikureisch), Euseb. Praep. ev. IV 13 von den
Neupythagoreern und aus den Hermetica: Corp. Herrn. 64 ούτε γάρ ενδεής
έστί τίνος, ΐνα έπιθυμήσας αύτό κτήσασθαι κακός γένηται, Ps.-Apuleius Ascle-
pius 41 nihil enim deest ei qui ipse est omnia aut in eo sunt omnia.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften