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J. Koch und H. Teske Cusanus-Texte: I. Predigten, 6.

enthalten. Im einzelnen finden sich so viel Mißverständnisse, daß
man wohl annehmen darf, der doch sonst recht gewandte Übersetzer
habe die Handschrift des Cusanus nicht lesen können. Scharpff
hat aber richtig erkannt, daß die Erklärung des Vaterunsers in
dieser lateinischen Predigt ,,zu der abgesonderten Erklärung, die
wir in deutscher Sprache haben, die Veranlassung gegeben zu haben
scheint“.
Nur mit einigem Widerstreben haben wir uns dazu entschlos-
sen, die Vaterunser-Erklärung hier, losgelöst aus ihrem natürlichen
Zusammenhang, zu veröffentlichen. Wir glaubten uns aber dazu
aus zwei Gründen berechtigt: einmal hätte eine Veröffentlichung
der ganzen Predigt sehr viel Raum beansprucht; sodann enthält
sie in ihrem ersten Teil die Vermutungen des Cusanus über die
kommende Entwickelung der Kirche, Gedanken, die der Vater-
unser-Erklärung, die uns hier beschäftigt, fernliegen. Die ganze
Predigt wird am besten in Verbindung mit der „Coniectura de
ultimis diebus“ und vielleicht auch mit Predigt CCVI (7. 12.
1455) ediert; dabei lassen sich die zum Teil recht seltsamen Berech-
nungen und Annahmen des Cusanus über Vergangenes und Zukünf-
tiges im Zusammenhang würdigen. Hier haben wir andere Anliegen.
Das zweite Stück (Nr. XVIII) ist die erste deutsche Vater-
unser-Erklärung des Cusanus. Er hat sie auf Bitten des Augs-
burger Bischofs, des Kardinals Peter von Sghauenrerg, nieder-
geschrieben. Sie wurde erstmalig von A. Mayr veröffentlicht1, wie
es scheint, nach Clm. 18711 (T)2. Obwohl der Herausgeber im

1 Die Auslegung des Vater-Unsers vom Cardinal Nicolaus von Cusa, hrsg.
von Prof. Dr. Aeoys Mayr, Frankfurt a. M. 1839.
2 Mayr nennt zwar keine Signatur der Hs., teilt aber (S. 36) Einzel-
heiten über sie mit, die für Clm.18 711 zutreffen: 1) die Überschrift des Inhalts-
verzeichnisses auf dem Vorblatt: Tractatus et libri varii etc.; 2) die Notiz
über die Vaterunser-Predigt aus diesem Verzeichnis: Sermo super dominica
oratione, Augustae factus et ad petitionem domini Episcopi ibidem per eundem
editus (richtig: traditus) in vulgari theutonico; 3) im Text (S. 6) finden wir den
Zusatz, der für T kennzeichnend ist; vgl. unten den Apparat zu S. 26, 11;
4) die beiden anderen Münchener Hss., Cgm. 628 (Te) und Clm. 7008 (F),
die beide Abschriften von Clm. 18 711 (T) sind, kommen als Vorlagen für
Mayr nicht in Betracht, weil sie an bestimmten Stellen von T abweichen, wo
Mayr das nicht tut. Te ist besonders dadurch gekennzeichnet, daß der Satz-
teil ,,an zweifei daz du ein gancz getrawen magst haben“ (vgl. S. 80,18 unseres
Textes), der in T am untern Rand von 266r nachgetragen ist, an falscher
Stelle, nämlich zwischen ,,gefetz“ und ,,eyns“ (82, 2) eingefügt ist; Mayr
 
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