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Nikolaus [Hrsg.]; Koch, Josef [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 4. Abhandlung): Die Auslegung des Vaterunsers in vier Predigten — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.41999#0025
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XVIII.
Das Vaterunser
durch den Kardinal von Kues ausgelegt
in der Volkssprache.
1. Jesus war in seiner allerdemütigsten Menschheit doch der
wahre Gott, und so Avaren auch seine Worte und seine Lehre be-
schaffen. Deshalb umfaßt das Vaterunser in der Einfalt der Worte
die höchste Lehre und Weisheit. Denn wie die Gottheit in der
Menschheit Christi verborgen lag, so ist alle zu umfassende Weisheit
in den einfältigen Worten der Lehre Christi verborgen, die niemand
auf dieser Erde ganz ergründen kann. So soll ein jeder Mensch in
dieser sichtbaren Welt eine unvergängliche Speise in der Weisheit
Gottes haben, die unter den Worten und sinnfälligen Zeichen ver-
borgen ist, wie der Christ eine ewige Speise für das höchste vernünf-
tige Leben erwartet, die unverhüllt ohne alle für die geschwächte
sinnliche Natur bestimmten Zeichen und Mittel dargeboten wird.
Daher kommt es, daß entsprechend der Gnade Gottes der eine eine
bessere und tiefere Einsicht in die Worte des Vaterunsers als der
andere hat; so sind ja auch die Augen des einen kräftiger, in die
Sonne zu sehen, als die des anderen. Wiewohl nun jeder aus dem
gleichen Gebet in seiner Einfalt einen besonderen Trost schöpfen
kann, der ihn befriedigt, so hat Gott doch den einen gegenüber dem
anderen bevorzugt, jedoch zum Nutzen aller; deshalb belehrt der eine
1915, <S. 151. — Auf dem Vorsatzblatt von T ist die Auslegung als Predigt
bezeichnet: Sermo eiusdem super Dominica Oratione Augustae factus et ad
petitionem domini Episcopi ibidem per eundem traditus in vulgari theutonico.
Derselbe Eintrag findet sich in Hs. 6 (S. 18 Sc. III) der Bibliothek des Domini-
kanerklosters in Wien, die eine Kopie von T ist, und am Rand der Vermerk:
non est ibi.
7—10. Vgl. Sermo 17 n. 25, S. 12, 14ff. Sermo 70 (V2 17rb; p 73r):
Multa sunt altissima penitus inexplicabilia mysteria, quae latent in verbis
Christi omnibus et singulis, cum ipse sit veritas quae loquitur, et in simplici-
tate sensibili verborum uti in forma servili humana latet inaccessibilis altitudo
divini Verbi.
10—14. Die genauere Erklärung dieser Gedanken findet sich n. 25ff. Vgl.
De Concordantia Catholica I c. 6, S. 54, 19—23; De Docta Ignorantia III
c. 10, S. 150, 8. 17. Vgl. PLATO De republica VII 516 A.
 
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