XVIII. Pater Nolter in wlgari expositum (n. 6 7).
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der Artikel: „Geheiligt werde dein Name“ geht aus dem ersten
hervor, und der dritte aus diesen beiden. Der Artikel: „Dein Wille
geschehe“ geht aus denen hervor, die ihm vorangehen, und so bis
an das Ende jeder in seiner Ordnung.
Dieses hochheilige Gebet lege ich auf die kürzeste Weise nun
so aus:
Vater unser
7. Ein „Vater“ ist seiner Natur nach erster und oberster Ur-
sprung und allein der Anbeginn von uns allen. Das erweist das
Wort „unser“. Denn „unser“ besagt nicht eins, sondern „unser“
besagt Vielheit. Die Vielheit hat aber einen Ursprung, wie uns
die Zahl zeigt: zehn oder zwanzig ist mehr als eins und ist eine
Vielheit. Daß aber zehn zehn oder zwanzig zwanzig sind, das haben
sie von der Einheit. Zehn ist nichts anderes als die Einheit zehnmal
gesetzt, und darum könnte die Zehn nicht sein, wäre die Einheit
nicht. Und so hat die Zehn ihr Sein durch die Einheit und nichts
durch sich selbst, und was sie ist, ist sie durch die Einheit, und
nichts ist in ihr als die Einheit. Darum sind wir alle, wie viele
wir auch sein mögen, durch die Einheit und nichts durch uns; und
was wir sind, das sind wir in dem Vater, ohne den wir nicht sein
können. So ersehen wir aus den Worten „Vater unser“, daß alle
Geschöpfe durch den einen und in dem einen Vater sind. Danach
folgt:
6—15. Vgl. Sermo 17 n. 15 (C 11 v): Et quia multitudo ex se non est,
sed ex unitate — cadit enim multitudo ab unitate; per hoc enim multitudo
est, quia non est unitas semel sive uniter, sed unitas plurificata — vides satis
quod multitudo ab uno cadit et quod ipsa multitudo non habet subsistentiam
extra unitatem. Sublata enim unitate nihil amplius remanet in multitudine.
Omne igitur quod est multitudo est ab unitate, quae in omni multitudine et
in qualibet parte eius integra est et in qua est ipsa multitudo. Der hier zitierte
Text folgt unmittelbar auf den weiter unten zu 44, 11—21 angeführten. Vgl. zu
diesem Abschnitt auch De Docta Ignorantia II c. 3, S. 69ff. Die Hauptquelle
für die hier (n. 7) entwickelten Gedanken ist DIONYSIUS AREOPAGITA
De die. nom. c. 13 §2, PG 3, 977. 980. Die lateinischen Übersetzungen sind
jetzt bequem zusammengestellt in: DIONYSIACA, Recueil donnant Vensemble
des traductions lalines des ouvrages attribuds au Ddnys de VArdopage, I, 1937;
die obige Stelle S. 540f.
14—17. Vgl. De Docta Ignorantia II c. 3, S. 69, 9—13: Unitas igitur
infinita est omnium complicatio; hoc quidem dicit unitas, quae unit omnia.
Non tantum ut unitas numeri complicatio est, est maxima, sed quia omnium;
et sicut in numero explicante unitatem non reperitur nisi unitas, ita in Omnibus
quae sunt, non nisi maximum reperitur.
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der Artikel: „Geheiligt werde dein Name“ geht aus dem ersten
hervor, und der dritte aus diesen beiden. Der Artikel: „Dein Wille
geschehe“ geht aus denen hervor, die ihm vorangehen, und so bis
an das Ende jeder in seiner Ordnung.
Dieses hochheilige Gebet lege ich auf die kürzeste Weise nun
so aus:
Vater unser
7. Ein „Vater“ ist seiner Natur nach erster und oberster Ur-
sprung und allein der Anbeginn von uns allen. Das erweist das
Wort „unser“. Denn „unser“ besagt nicht eins, sondern „unser“
besagt Vielheit. Die Vielheit hat aber einen Ursprung, wie uns
die Zahl zeigt: zehn oder zwanzig ist mehr als eins und ist eine
Vielheit. Daß aber zehn zehn oder zwanzig zwanzig sind, das haben
sie von der Einheit. Zehn ist nichts anderes als die Einheit zehnmal
gesetzt, und darum könnte die Zehn nicht sein, wäre die Einheit
nicht. Und so hat die Zehn ihr Sein durch die Einheit und nichts
durch sich selbst, und was sie ist, ist sie durch die Einheit, und
nichts ist in ihr als die Einheit. Darum sind wir alle, wie viele
wir auch sein mögen, durch die Einheit und nichts durch uns; und
was wir sind, das sind wir in dem Vater, ohne den wir nicht sein
können. So ersehen wir aus den Worten „Vater unser“, daß alle
Geschöpfe durch den einen und in dem einen Vater sind. Danach
folgt:
6—15. Vgl. Sermo 17 n. 15 (C 11 v): Et quia multitudo ex se non est,
sed ex unitate — cadit enim multitudo ab unitate; per hoc enim multitudo
est, quia non est unitas semel sive uniter, sed unitas plurificata — vides satis
quod multitudo ab uno cadit et quod ipsa multitudo non habet subsistentiam
extra unitatem. Sublata enim unitate nihil amplius remanet in multitudine.
Omne igitur quod est multitudo est ab unitate, quae in omni multitudine et
in qualibet parte eius integra est et in qua est ipsa multitudo. Der hier zitierte
Text folgt unmittelbar auf den weiter unten zu 44, 11—21 angeführten. Vgl. zu
diesem Abschnitt auch De Docta Ignorantia II c. 3, S. 69ff. Die Hauptquelle
für die hier (n. 7) entwickelten Gedanken ist DIONYSIUS AREOPAGITA
De die. nom. c. 13 §2, PG 3, 977. 980. Die lateinischen Übersetzungen sind
jetzt bequem zusammengestellt in: DIONYSIACA, Recueil donnant Vensemble
des traductions lalines des ouvrages attribuds au Ddnys de VArdopage, I, 1937;
die obige Stelle S. 540f.
14—17. Vgl. De Docta Ignorantia II c. 3, S. 69, 9—13: Unitas igitur
infinita est omnium complicatio; hoc quidem dicit unitas, quae unit omnia.
Non tantum ut unitas numeri complicatio est, est maxima, sed quia omnium;
et sicut in numero explicante unitatem non reperitur nisi unitas, ita in Omnibus
quae sunt, non nisi maximum reperitur.