XVIII. Pater Nolter in wlgari expositum (n. 15—16).
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vermischt ist, und aller Friede unstet und mit Unfriede vermischt,
und alle Freundschaft und Gemeinschaft hinfällig. Darum sollen
wir mit großem Verlangen bitten, daß dieses Reich, darin uns nichts
fehlen kann, in dem wir vielmehr ewig selig sind, zu uns komme.
16. Wir bitten, daß „das Reich komme“. Das ist so zu ver-
stehen: obwohl wir Geschöpfe sind, die auf dieser Erde in vielen
Gebrechen leben, und obwohl wir Geschöpfe bleiben müssen, sollen
wir doch daran glauben, daß das friedvolle, unvergängliche Reich
zu uns kommen kann. So werden wir von Christus belehrt, daß
wir fähig sind, Kinder Gottes zu sein, und daß Gottes Reich uns
als ewiges Erbe zuteil werden kann, und daß wir Unsterblichkeit
besitzen, zu der Gottes Reich kommen kann.
Wir werden auch darüber belehrt, daß unsere höchste Hoff-
nung sein soll, das Reich der ewigen Freude zu besitzen. Indem
wir um dieses Reich bitten, werden wir darüber belehrt, daß Gott
uns das Reich aus Gnade geben kann (wenn er will), und daß wir
kein Recht haben, es zu fordern. Denn von uns aus sind wir ,,Kin-
der des Zornes“, der Zwietracht und der Sünde, das heißt der Schei-
dung; denn 'Sünde’ kommt von 'sondern’, das ist scheiden. Dar-
um sind wir nicht aus uns selbst zum Reich des Friedens und der
Gemeinschaft geboren, sondern allein aus Gnade. Daraus aber,
daß Christus uns lehrt, Gott darum zu bitten, gewinnen wir die
Einsicht, daß Gott darum gebeten sein will, und daß seine Gnade
uns dann das Erbetene nicht verweigern wird.
Daraus aber, daß du belehrt worden bist, zu sprechen: ,,Zu
uns komme dein Reich“, erkennst du, daß Gottes Reich zukünftig
ist und erst nach dieser vergänglichen Zeit kommt, und daß das
Reich dieser Welt, das jetzt besteht, in dem wir jetzt sind, das
Reich Gottes nicht fassen kann. Darum sollst du dich in dieser
Welt gedulden, mit großem Verlangen auf Gottes Reich nach dieser
7—11. Vgl. Sermo 28 (Fx 78ra; p 46r): Christus autem, qui veritas
est, de alio spirituali quodam mundo et regno nos instruxit et nos illius capaces
in se ipso effecit. Zu dem Begriff undotlich rijch vgl. auch Sermo 91 (V2 20 vb;
P —)•' Item nota ibi (Matth. 16, 17): „qui in caelis“, tanquam rex vitae et
immortalis naturae in regno incorruptibili, unde lux et vita emanat.
8. Vgl. loh. 1, 12.
10. Vgl. De Doct. Ign. III c. 12, S. 160, 16ff., wo der hier nur angedeutete
Gedanke ausführlich entwickelt wird.
16. Vgl. Eph. 2, 3.
17. Vgl. Sermo 73 (V2 12ra; p —).• peccatum est divisio.
18. Vgl. loh. 1, 12f.
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vermischt ist, und aller Friede unstet und mit Unfriede vermischt,
und alle Freundschaft und Gemeinschaft hinfällig. Darum sollen
wir mit großem Verlangen bitten, daß dieses Reich, darin uns nichts
fehlen kann, in dem wir vielmehr ewig selig sind, zu uns komme.
16. Wir bitten, daß „das Reich komme“. Das ist so zu ver-
stehen: obwohl wir Geschöpfe sind, die auf dieser Erde in vielen
Gebrechen leben, und obwohl wir Geschöpfe bleiben müssen, sollen
wir doch daran glauben, daß das friedvolle, unvergängliche Reich
zu uns kommen kann. So werden wir von Christus belehrt, daß
wir fähig sind, Kinder Gottes zu sein, und daß Gottes Reich uns
als ewiges Erbe zuteil werden kann, und daß wir Unsterblichkeit
besitzen, zu der Gottes Reich kommen kann.
Wir werden auch darüber belehrt, daß unsere höchste Hoff-
nung sein soll, das Reich der ewigen Freude zu besitzen. Indem
wir um dieses Reich bitten, werden wir darüber belehrt, daß Gott
uns das Reich aus Gnade geben kann (wenn er will), und daß wir
kein Recht haben, es zu fordern. Denn von uns aus sind wir ,,Kin-
der des Zornes“, der Zwietracht und der Sünde, das heißt der Schei-
dung; denn 'Sünde’ kommt von 'sondern’, das ist scheiden. Dar-
um sind wir nicht aus uns selbst zum Reich des Friedens und der
Gemeinschaft geboren, sondern allein aus Gnade. Daraus aber,
daß Christus uns lehrt, Gott darum zu bitten, gewinnen wir die
Einsicht, daß Gott darum gebeten sein will, und daß seine Gnade
uns dann das Erbetene nicht verweigern wird.
Daraus aber, daß du belehrt worden bist, zu sprechen: ,,Zu
uns komme dein Reich“, erkennst du, daß Gottes Reich zukünftig
ist und erst nach dieser vergänglichen Zeit kommt, und daß das
Reich dieser Welt, das jetzt besteht, in dem wir jetzt sind, das
Reich Gottes nicht fassen kann. Darum sollst du dich in dieser
Welt gedulden, mit großem Verlangen auf Gottes Reich nach dieser
7—11. Vgl. Sermo 28 (Fx 78ra; p 46r): Christus autem, qui veritas
est, de alio spirituali quodam mundo et regno nos instruxit et nos illius capaces
in se ipso effecit. Zu dem Begriff undotlich rijch vgl. auch Sermo 91 (V2 20 vb;
P —)•' Item nota ibi (Matth. 16, 17): „qui in caelis“, tanquam rex vitae et
immortalis naturae in regno incorruptibili, unde lux et vita emanat.
8. Vgl. loh. 1, 12.
10. Vgl. De Doct. Ign. III c. 12, S. 160, 16ff., wo der hier nur angedeutete
Gedanke ausführlich entwickelt wird.
16. Vgl. Eph. 2, 3.
17. Vgl. Sermo 73 (V2 12ra; p —).• peccatum est divisio.
18. Vgl. loh. 1, 12f.