LiXXI. Ein kurcze 1er vnd auflegung (n. 3—5).
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wir trachten sollen, in kurzer Zeit aus dieser Fremde in die ewige
Heimat zu kommen, von der die Seele ausgegangen ist. Daß es
hier kein Bleiben gibt, hat er in Wahrheit bewiesen, als er durch
sein Leiden von dieser Welt schied.
Wir brauchten jemanden, der uns den Weg zeigt und lehrt,
den viele Philosophen und kluge Meister nicht finden konnten, ob-
wohl sie mit großer Anstrengung viel darüber nachgedacht haben.
Es war aber umsonst, bis das ewige Wort aus dem Willen Gottes
des himmlischen Vaters zu uns armen Menschen herabkam. Was
viele tausend Jahre verborgen war, das wurde uns durch seinen
einzigen Sohn, unseren Herren Jesus Christus geoffenbart.
4. Über das Wort hat der Evangelist Johannes geschrieben:
,,Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott
war das Wort“. ,,Alles wurde durch das Wort geschaffen, und
ohne es wurde nichts geschaffen“. Des nimm ein Gleichnis: ein
Mensch hat in seinem Gedächtnis ein Wort, das er aussprechen
will; niemand weiß, was für ein Wort das ist oder was es taugt,
bis es ausgesprochen und offenbar geworden ist. Jetzt erst merkt
man, wie gut es ist und was es taugt, und ein Mensch sagt es dem
anderen, und es taugt allen denen, die es fürder hören. Und dieses
eine Wort können tausend Menschen ebensogut hören wie ein
Mensch, und in eines jeden Menschen Ohr ist es für sich ganz und
vollkommen unzerteilt. So ist auch aus dem Willen Gottes des
himmlischen Vaters das ewige Wort ausgegangen, durch welches
wir unterwiesen und belehrt werden, den Weg von diesem Tal der
Tränen zu den ewigen Freuden zu gehen.
5. Wie du aber oder worum du bitten sollst, das alles lernst
du hier; was du für Seele und Leib nötig hast, findest du in dem
heiligen Vaterunser, das der höchste Meister, unser lieber Herr
Jesus Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, seine lieben Jünger
gelehrt und uns als Regel hinterlassen hat, allen denen, die an ihn
glauben würden. Einstmals sprachen die Jünger des Herrn Jesus
Christus: „Herr, lehre uns beten“. Da sprach er: „Wenn ihr betet,
dann sprecht also:
5—9. Vgl. Sermo 213 n. 12/., S. 94ff.
10. Vgl. Col. 1, 26. 13—15. loh. 1, 1. 3.
20. Vgl. Sermo 18 n. 32, S. 68, 10 f. und Anm. 68, 4—16.
29. Vgl. Matth. 16, 16. 30. Vgl. loh. 17, 20.
31—100, 5. Die einleitenden Worte sind Luc. 11, 1—2 entnommen, der
Wortlaut des Vaterunsers aber Matth. 6, 9—13, abgesehen natürlich von
tagleich prat [Luc. 11, 3).
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wir trachten sollen, in kurzer Zeit aus dieser Fremde in die ewige
Heimat zu kommen, von der die Seele ausgegangen ist. Daß es
hier kein Bleiben gibt, hat er in Wahrheit bewiesen, als er durch
sein Leiden von dieser Welt schied.
Wir brauchten jemanden, der uns den Weg zeigt und lehrt,
den viele Philosophen und kluge Meister nicht finden konnten, ob-
wohl sie mit großer Anstrengung viel darüber nachgedacht haben.
Es war aber umsonst, bis das ewige Wort aus dem Willen Gottes
des himmlischen Vaters zu uns armen Menschen herabkam. Was
viele tausend Jahre verborgen war, das wurde uns durch seinen
einzigen Sohn, unseren Herren Jesus Christus geoffenbart.
4. Über das Wort hat der Evangelist Johannes geschrieben:
,,Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott
war das Wort“. ,,Alles wurde durch das Wort geschaffen, und
ohne es wurde nichts geschaffen“. Des nimm ein Gleichnis: ein
Mensch hat in seinem Gedächtnis ein Wort, das er aussprechen
will; niemand weiß, was für ein Wort das ist oder was es taugt,
bis es ausgesprochen und offenbar geworden ist. Jetzt erst merkt
man, wie gut es ist und was es taugt, und ein Mensch sagt es dem
anderen, und es taugt allen denen, die es fürder hören. Und dieses
eine Wort können tausend Menschen ebensogut hören wie ein
Mensch, und in eines jeden Menschen Ohr ist es für sich ganz und
vollkommen unzerteilt. So ist auch aus dem Willen Gottes des
himmlischen Vaters das ewige Wort ausgegangen, durch welches
wir unterwiesen und belehrt werden, den Weg von diesem Tal der
Tränen zu den ewigen Freuden zu gehen.
5. Wie du aber oder worum du bitten sollst, das alles lernst
du hier; was du für Seele und Leib nötig hast, findest du in dem
heiligen Vaterunser, das der höchste Meister, unser lieber Herr
Jesus Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, seine lieben Jünger
gelehrt und uns als Regel hinterlassen hat, allen denen, die an ihn
glauben würden. Einstmals sprachen die Jünger des Herrn Jesus
Christus: „Herr, lehre uns beten“. Da sprach er: „Wenn ihr betet,
dann sprecht also:
5—9. Vgl. Sermo 213 n. 12/., S. 94ff.
10. Vgl. Col. 1, 26. 13—15. loh. 1, 1. 3.
20. Vgl. Sermo 18 n. 32, S. 68, 10 f. und Anm. 68, 4—16.
29. Vgl. Matth. 16, 16. 30. Vgl. loh. 17, 20.
31—100, 5. Die einleitenden Worte sind Luc. 11, 1—2 entnommen, der
Wortlaut des Vaterunsers aber Matth. 6, 9—13, abgesehen natürlich von
tagleich prat [Luc. 11, 3).
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