Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
LXXI. Ein kurcze 1er vnd auflegung (n. 19—21).

113

liehen Brot: es liegt vor mir, ich sehe es wohl, aber die Kraft, die
es in sich hat, die sehe ich nicht. Wenn ich es aber nehme und es
den Leib nährt und speist, dann glaube ich, daß es wahr ist. Noch
ein Gleichnis für das geistige Brot: ein Arzt gibt einem Kranken
eine Arznei, die ihn gesund machen kann. Der Kranke sieht und
weiß nicht, was das ist. Wollte er sie aber nicht nehmen, bevor er
wüßte, wie und woraus sie gemacht ist, so könnte er so lange zwei-
feln und fragen, daß er vielleicht inzwischen stürbe. So setzt er
sein Leben aufs Spiel, und doch wäre ihm mit solcher Arznei ge-
holfen. Darum soll man sich emsig (um das Brot) bemühen.
20. Wer so hohe Dinge erforschen und wissen will und sie doch
am allerwenigsten wissen kann, der nehme als Gleichnis den Feuer-
stein: er ist von Natur kalt und grob und dunkel anzuschauen,
gleichwohl ist in ihm helles Licht und solche Hitze verborgen, daß
man damit eine ganze Stadt in Brand stecken könnte. Darum ist
es eine große Torheit, wenn Menschen so hohe Dinge wissen wollen
(und fragen), wie dies und jenes sein kann, da sie doch nicht ein-
mal das Mindeste davon wissen können, was für Eigenschaften Gott
der Herr einer kleinen Mücke in ihrer Natur verliehen hat. Solche
Menschen richten ihre Gedanken nur auf sichtbare, leibliche Dinge,
wie die Speise und was man sieht und greifen kann.
21. Nein, nicht also! Du mußt es geistig verstehen. Denn die
leibliche Speise, die man sieht und greift, wird aufgezehrt, nimmt
ab, wird weniger und hört auf. Das tut die Speise der Seele nicht,
sie bleibt ewig bestehen; denn die Seele soll ewig leben. Darum
bedarf sie ewiger Speise, die nicht weniger wird und nicht ab-
nimmt, sondern sich täglich mehrt. Des nimm ein Gleichnis an
einem kleinen Licht: man zündet damit eins, zwei, zehn oder hun-
vobis commendavi: spiritualiter intellectum vivificabit vos; ,,caro autem
non prodest quiequam“ (loh. 6, 64y. Ebenda c. 70 Invital Dominus:
Quando manducatur <scilicet Christus), reficit, sed non deficit. Manducatur
Christus: vivit manducatus, quia surrexit occisus, nec, quando manducatur,
partes de illo facimus.
26. Vgl. DIONYSIUS AREOPAGITA De div. nom. c. IX § 2, PG 3,
924; nach der Übersetzung des AMBROSIUS TRAVERSARI (DIONY-
SIACA I 453f.): Magnus quidem appellatur Deus .... et per ipsius pleni-
tudinis exuberantiam, principaliaque ipsius dona, qua parte ipsa ab omnibus
participata per infinitam donorum profusionem, sine diminutione omnino per-
durant eandemque habent plenitudinis exuberantiam neque participationibus
minuuntur, sed magis ac magis exundant.
28. Vgl. Sermo 57 (V1 109ob; p 61 r): una candela infinitas accendit sine
sui diminutione.
8 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1938/39. 4. Abh.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften