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Nikolaus [Hrsg.]; Koch, Josef [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 4. Abhandlung): Die Auslegung des Vaterunsers in vier Predigten — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.41999#0216
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216

J. Koch und H. Teske Cusanus-Texte: I. Predigten, 6.

der Einheit mit der Fülle eines vielgliedrigen Lebens verbindet,
tiefer zu erfassen1. Es wäre verfehlt, wollte man sie mit der inhalt-
lichen Disposition einfach gleichsetzen. Das Ganze umfaßte dann
zwei Hauptteile mit je zwei Unterteilen: Ursprung und Ausfluß
einerseits, Rückfluß und Endziel anderseits. Gegen diese Auf-
fassung spricht zweierlei: 1. Die beiden Hauptteile hätten eine
sehr verschiedene Länge; denn sie ständen etwa im Verhältnis
von 2 zu 3. Bei der großen Sorgfalt, die Cusanus offensichtlich
auf seine Schrift verwendet hat, ist eine solche Ungleichmäßigkeit
kaum zu erwarten. 2. Entscheidend ist aber, daß obige Einteilung
der zentralen Stellung, die Christus in dieser Auslegung hat, nicht
gerecht wird. Gewiß bildet nach der Disposition das „tägliche
Brot“ nur einen Teil des uns nötigen „kräftigen Mittels“. Die Aus-
legung der Brotbitte selbst zeigt aber, daß man diese Angabe nicht
pressen darf. Denn ein Gedanke beherrscht sie: das Brot, um
welches wir bitten, ist Jesus Christus selbst, und zwar nicht nur
im Sinne des Sakramentes der Eucharistie, sondern in einem das
ganze Sein, Leben und Wirken Christi umfassenden Sinne. Am
kürzesten äußert sich Cusanus über diese seine Auffassung, wenn
er in seinem lateinischen Entwurf (n. 30, S. 16, 24f.) sagt, die
Brotbitte handele von der Menschwerdung. Findet sich nun eine
gleiche oder ähnliche Formulierung auch nicht im deutschen Text2,
so arbeitet er doch hier umso kraftvoller die zentrale Stellung
Christi in der Schöpfung heraus. Die entscheidenden Sätze
(n. 27, S. 60, 11—18), die auch genau die Mitte der Auslegung
bilden3, seien hier nochmals im Wortlaut angeführt:
1 An dieser Stelle sei den beiden Freunden herzlich gedankt, von denen
ich wichtige Anregungen für diese Erläuterungen empfangen habe. Mit Herrn
Kollegen E. Hoffmann habe ich manchen Brief über die Augsburger Predigt
gewechselt und verdanke ihm, abgesehen von anderem, den Hinweis auf die
Bedeutung von Ternär und Quaternar für deren Struktur (vgl. unten S. 218).
Mit meinem Schüler und zeitweiligen Mitarbeiter, Herrn Mag. H. Roos, habe
ich den Text sozusagen Satz für Satz diskutiert. Von ihm stammt auch der
erste Entwurf der Beilage III, die den Aufbau der Auslegung anschaulich vor
Augen stellt.
2 Es ist zu beachten, daß es auch hier (n. 33, S. 70, lf.) ganz allgemein
heißt: ,,vnd das bewifet vns defe lere des heiligen Pater Nofters da Chriftus
inne is“.
3 Die Einteilung (n. 1—6) ist dabei natürlich abgerechnet. In unserer
Ausgabe umfaßt der vorhergehende Text (S. 30, 5—60, 10) 310 Zeilen und
der nachfolgende (S. 62, 1—90, 9) 311 Zeilen. Man mag diese bis auf die Zeile
genaue Gleichung für einen Zufall halten. Es ist aber kein Zufall, daß die
 
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