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Nikolaus [Hrsg.]; Koch, Josef [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 4. Abhandlung): Die Auslegung des Vaterunsers in vier Predigten — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.41999#0228
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228 J. Koch und H. Teske Cusanus-Texte: I. Predigten, 6.
§ 4. Ursprung, Ausfluß, Rückfluß und Endziel.
Die Bedeutung dieser vier Begriffe für die Disposition der Aus-
legung haben wir bereits früher1 kennengelernt. Jetzt wenden wir
uns ihnen zu, insofern Cusanus mit ihnen das ganze Weltgeschehen
erfassen will. Man beachte, wie stark er dabei die Wahrheit der
Erkenntnis betont. Das Vaterunser bietet der gläubigen Vernunft
eine Erleuchtung, so daß sie die Wahrheit erkennt, ,,zu dem
eerften von dem anbegynne vnd oerfprunge aller dinge, von dem
wffflus aller dinge von gode, von dem mittel des wyderflos aller
dinge vnd von dem ende“ (n. 3, S. 26, 12ff.). Diesen Grundkate-
gorien seiner Betrachtung liegen zwei verschiedene Gesichtspunkte
zugrunde. Einmal betrachtet er alles — man beachte die drei-
malige Wiederholung ,,aller dinge“ — von der Seite Gottes her:
er ist Anfang (Ursprung), Mitte und Ende. Sodann von der Seite
der Geschöpfe: sie fließen von Gott aus und kehren zu ihm zurück.
Mag der erste Gedanke, daß Gott Anfang, Mitte und
Ende ist, sich auch schon in einem orphischen Hymnus2 finden,
so hat er doch hei Cusanus spezifisch christliches Gepräge. Schon
die Doppelfassung „anbegynne vnd oerfprunge“ weist auf das Neue
Testament hin. Denn Apoc. 1, 8 und 22, 13 heißt es nach der
Vulgata: „Ego sum principium et finis“; 21, 6: „initium et
finis“. Die Mitte ist nun — wie wir oben ausführlich gezeigt haben
— der Mensch gewordene Gottessohn, Jesus Christus. Sowohl aus
„De Docta Ignorantia“ III c. 4 (S. 130, lOff.) als aus der Vater-
unser-Auslegung n. 27 (S. 60, 11 ff.) ergibt sich, daß Cusanus die
entscheidenden Anregungen hierzu aus dem 1. Kapitel des Kolosser-
briefes empfangen hat. Daneben dürfte wohl auch die Theologie
des Iohannes Scottus Eriugena nicht ohne Einfluß gewesen sein.
Dieser betont schon auf den ersten Seiten seines Hauptwerkes3,
daß Gott principium, medium und finis ist, und entwickelt später4
1 Vgl. S. 211 f.
2 Das älteste Zeugnis bei Plato Leg. IV 715 e: „6 giv 8yj hso?, üauep xal
6 izaCkcabc, \6yoiapUjv te xal teAeut^v xal picra tcov övtcov äiravTcov £%cov“
etc. Vgl. O. Kehn, Orphicorum fragmenta, 1922, n. 21 und 21a; n. 168. Hier
S. 206f. auch Belege zum Gebrauch der Trias bei christlichen Schriftstellern.
3 De Divisione Naturae I c. 12, PL 122, 451 D: ,,Est igitur principium,
medium et finis. Principium, quia ex se sunt omnia, quae essentiam partici-
pant; medium autem, quia in ipso et per ipsum subsistunt atque moventur;
finis vero, quia ad ipsum moventur quietem motus sui suaeque perfectionis
stabilitatem quaerentia“.
4 Man vergleiche z. B.V c. 24, 912 B: „Totus itaque mundus in Verbo
 
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