Drittes Kapitel: Erläuterungen. §4.
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Gegenstück des refluxus. Thomas von Aquin z. B. stellt in der
„Summa contra gentiles“ I c. 9 den processus creaturarum a Deo
dem ordo creaturarum in ipsum sicut in finem gegenüber; die
„Summa theologiae“ ist nach drei großen Gesichtspunkten dispo-
niert: 1. de Deo; 2. de motu rationalis creaturae in Deum; 3. de
Christo qui, secundum quod homo, via est nobis tendendi in Deum.
Dem gegenüber finden sich in den lateinischen Predigten Eck-
harts zwei Stellen, die sehr an die Auffassung des Cusanus er-
innern. An der ersten1 unterscheidet er die gratia gratis data (d. h.
das Charisma) von der gratia gratum faciens (d. h. der heilig-
machenden Gnade), insofern jene in einem Ausfluß aus Gott, diese
in einem Rückfluß zu ihm besteht. An der andern Stelle2 betont
er die Mittlerstellung Christi: wie der Vater alles durch den Sohn
wirkt, so muß er auch alles im Blute Christi reinigen und so durch
den Sohn zu sich selbst zurückführen, damit der Rückfluß dem
Ausfluß entspreche.
Das Charakteristische an der Verbindung der Trias Anfang
(Ursprung), Mitte und Ende mit der Dyas Ausfluß und Rückfluß
ist nun der Gedanke, daß zwar die Vielheit der Geschöpfe ihren
Ursprung in der Einheit, d. h. in dem einen Vater (n. 7, S. 30,
6ff.), hat, daß aber der Rückfluß der Geschöpfe sein Ziel nur in
dem Guten als solchen, d. h. in Gott als dem höchsten Gut (n. 43,
S. 86, 8), haben kann. „Das ende aller wandelongen ift zu dem
guden begrifen in den Worten: Sünder erlofe vns von vbel. Amen“
(n. 3, S. 28, 16). Man darf die Bedeutung dieses Gedankens nicht
verkennen. Wenn Cusanus alle Vielheit von der Einheit ausgehen
läßt, so spricht er damit einen bekannten Grundgedanken des Neu-
platonismus aus3. Er ist aber weit davon entfernt, Gott im Sinn
der neuplatonischen !v-Spekulation aufzufassen; indem er die
Begriffe Einheit, Gleichheit und Gemeinschaft (Verknüpfung) auf
Vater, Sohn und Hl. Geist anwendet, ist er sich bewußt, daß es
1 Sermo XXV, 1 n. 258f., Latein. Werke IV, S. 235, 4ff.; 236, 3 f.:
„Gratia dicitur quasi gratis data. Gratis, id est sine meritis data. Secunda
dicitur gratia gratum faciens. . . . Adhuc prima gratia consistit in quodam
effluxu, egressu a Deo. Secunda consistit in quodam refluxu sive regressu in
ipsum Deum.“
2 Sermo LVI n. 557 (Cod. Cus. 21, f. 170va): „Unde oportet omnia
reducere et tingere in sanguinem Christi, mediante ipso filio in patrem, sicut
omnia operatur pater per filium, ut refluxus effluxui respondeat.“
3 Man vergleiche z. B. die ersten sechs Sätze der D-soAoyt'XY)
des Proklos.
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Gegenstück des refluxus. Thomas von Aquin z. B. stellt in der
„Summa contra gentiles“ I c. 9 den processus creaturarum a Deo
dem ordo creaturarum in ipsum sicut in finem gegenüber; die
„Summa theologiae“ ist nach drei großen Gesichtspunkten dispo-
niert: 1. de Deo; 2. de motu rationalis creaturae in Deum; 3. de
Christo qui, secundum quod homo, via est nobis tendendi in Deum.
Dem gegenüber finden sich in den lateinischen Predigten Eck-
harts zwei Stellen, die sehr an die Auffassung des Cusanus er-
innern. An der ersten1 unterscheidet er die gratia gratis data (d. h.
das Charisma) von der gratia gratum faciens (d. h. der heilig-
machenden Gnade), insofern jene in einem Ausfluß aus Gott, diese
in einem Rückfluß zu ihm besteht. An der andern Stelle2 betont
er die Mittlerstellung Christi: wie der Vater alles durch den Sohn
wirkt, so muß er auch alles im Blute Christi reinigen und so durch
den Sohn zu sich selbst zurückführen, damit der Rückfluß dem
Ausfluß entspreche.
Das Charakteristische an der Verbindung der Trias Anfang
(Ursprung), Mitte und Ende mit der Dyas Ausfluß und Rückfluß
ist nun der Gedanke, daß zwar die Vielheit der Geschöpfe ihren
Ursprung in der Einheit, d. h. in dem einen Vater (n. 7, S. 30,
6ff.), hat, daß aber der Rückfluß der Geschöpfe sein Ziel nur in
dem Guten als solchen, d. h. in Gott als dem höchsten Gut (n. 43,
S. 86, 8), haben kann. „Das ende aller wandelongen ift zu dem
guden begrifen in den Worten: Sünder erlofe vns von vbel. Amen“
(n. 3, S. 28, 16). Man darf die Bedeutung dieses Gedankens nicht
verkennen. Wenn Cusanus alle Vielheit von der Einheit ausgehen
läßt, so spricht er damit einen bekannten Grundgedanken des Neu-
platonismus aus3. Er ist aber weit davon entfernt, Gott im Sinn
der neuplatonischen !v-Spekulation aufzufassen; indem er die
Begriffe Einheit, Gleichheit und Gemeinschaft (Verknüpfung) auf
Vater, Sohn und Hl. Geist anwendet, ist er sich bewußt, daß es
1 Sermo XXV, 1 n. 258f., Latein. Werke IV, S. 235, 4ff.; 236, 3 f.:
„Gratia dicitur quasi gratis data. Gratis, id est sine meritis data. Secunda
dicitur gratia gratum faciens. . . . Adhuc prima gratia consistit in quodam
effluxu, egressu a Deo. Secunda consistit in quodam refluxu sive regressu in
ipsum Deum.“
2 Sermo LVI n. 557 (Cod. Cus. 21, f. 170va): „Unde oportet omnia
reducere et tingere in sanguinem Christi, mediante ipso filio in patrem, sicut
omnia operatur pater per filium, ut refluxus effluxui respondeat.“
3 Man vergleiche z. B. die ersten sechs Sätze der D-soAoyt'XY)
des Proklos.