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Nikolaus [Hrsg.]; Koch, Josef [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 4. Abhandlung): Die Auslegung des Vaterunsers in vier Predigten — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.41999#0235
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Drittes Kapitel: Erläuterungen. §5.

235

1. Die allgemeinsten Ausdrücke sind bekennen (38, 5; 48, 16
usw.) und erkennen (38, 3. 13. 15; 50, 8). Sie werden gewöhnlich
synonym gebraucht; jedoch wird bekennen 74, 10; 84, 10. 18 im
heutigen Sinne von anerkennen gebraucht, wie sich vor allem aus
84, 18 ergibt, wo das Wort neben glauben erscheint. Auch erkente-
nijjj (34, 2; 38, 19. 21) und bekentenijs (34, 12; 40, 16) werden
synonym verwendet, wie man daraus ersieht, daß die Worte über-
all — außer 34, 12 — mit dem Genetiv gottes verbunden sind.
2. Für das Verständnis, das Cusanus erstrebt, gebraucht er
mehrere Ausdrücke, die sich merkwürdigerweise an einer Stelle in
einem Satzgefüge beieinander finden; wir können von ihr aus-
gehen:
Merck hie: wilt du willen was die ewige freude lij, die kein menlch
begrifen mag vmb irer groefte willen, fo findes du das die ewige freude nit
mach bas, kurtzer vnd clarer verftanden werden durch vns dan als Chriftus
vns hie leret (88, 17—20).
Aus diesem Satz ergibt sich die Skala: finden ■■— mercken —
verfteen — wiffen — begrifen. Finden (34, 3; 38, 1; 40, 18 usw.;
52, 13 auch befinden) steht erkennen noch am nächsten, hebt aber
das diskursive Moment unseres Erkennens hervor; denn Finden
setzt Suchen voraus. Mercken (32, 2; 34, 1. 6 usw.) ist wohl aus
der Schulsprache zu verstehen* 1. Jedenfalls entspricht das Wort
dem lateinischen notare, das gerade in den mittelalterlichen
Schrift-Auslegungen in den Formen nota (= merck bei Cusanus
46, 2. 5. 9 usw.) und notandum regelmäßig zur Angabe eines Aus-
legepunktes verwendet wird. Der ursprüngliche Sinn ist sicher
der, daß die Schüler sich die betreffende Erklärung aufschreiben
sollten. Da darin zugleich die Aufforderung zur Aufmerksamkeit
lag, so erhält das Wort notare und sein deutsches Korrelat mercken
die Bedeutung beachten, sich etwas einprägen, lernen; es ist mit
einem Wort das Gegenstück zu docere und leren, wie sich beson-
ders aus 42, 23 f.; 74, 14f. und 78, 3. 6 ergibt. Die nächste Stufe
des Erkenntnisvorganges bietet das Wort verfteen (32, 6; 42, 4.
20 usw. = intelligere). Es bedeutet in den Sinn eines Wortes
dein, so werden hier und in § 6 die zu untersuchenden Worte kursiv gedruckt,
damit sie sich deutlich vom umgebenden Text abheben. Über die Zitations-
weise vgl. weiter unten S. 250 Anm. 1.
1 Es ist sehr bezeichnend, daß das Wort in der von Cusanus geschrie-
benen Auslegung 42mal vorkommt, in der Nachschrift der Wiener Predigt,
die dem gesprochenen Wort viel nähersteht (vgl. oben S. 202 f.), nur einmal
(100, 26).
 
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