Drittes Kapitel: Erläuterungen. §6.
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herausgestellt, daß sie von einem Dualismus in der Weltauffassung
bestimmt ist. Es handelt sich nicht einfach um den theistischen
Dualismus von Gott und Geschöpf, sondern um einen platoni-
schen Dualismus, wenngleich er durchaus christliches Ge-
präge hat. Cu sanus sieht die Welt nicht als eine einheitliche
Größe an, vielmehr geht mitten durch die Welt ein Schnitt, der
sie sozusagen in zwei Welten teilt. Und da der Mensch die Mitte
der Geschöpfe ist, so geht der Schnitt zwischen den beiden Welten
mitten durch ihn hindurch. Seine 'obere Hälfte’ gehört der himm-
lischen Welt an, die Gott nah ist, seine 'untere’ der irdischen Welt,
die Gott fern ist.
Die beiden Welten werden einander gegenübergestellt als hymel
— und zwar meist in der Mehrzahl — und werlt oder ertrich. Die
hymel sind nicht etwa die verschiedenen Himmelskugeln, welche
die ptolomäische Astronomie annahm, sondern der Bereich der
verftentelichen naturen (32, 6. 9; 34, 8; 52, 17), in denen Gott
begrifflich vnd mercklich ist (34, 8). Den Himmeln gegenüber steht
die Welt oder das Erdreich, das nicht mit der Erde identisch, son-
dern der Bereich alles Irdischen ist1. Man beachte besonders den
häufigen Gebrauch des Demonstrativpronomens, wenn Cusanus
von dem irdischen Bereich spricht, z. B. off dijff em ertrich (24, 10:
28, 19; 36, 17. 22; 38, 1; 42, 5; 44, 20; 72, 17). Dabei macht
44, 13 klar, daß auch die Sterne, also das ganze stoffliche Uni-
versum, zu dem ertrich gehört2. Außerdem: off difer sichtlichen
werlt (24, 11; ähnlich 82, 20; 84, 13); in dijjer werlt (42, 27;
84, 9); na d. w. (44, 1); von d. w. (44, 12); vß d. w. (66, 17) usw.
Ebenso nah dijfer vergenclicher zift (42, 25); in d. wandelber z.
(66, 3); in dij fern fynlichen leben (56, 2); dij ff leben (86, 24;
70, 6) usw. Man könnte die Beispiele vermehren, aber die ange-
führten genügen, um zu zeigen, daß diese irdische Welt einer
andern gegenübersteht. Diese Gegenüberstellung ist aber keines-
wegs eschatologisch gesehen, so daß jene Welt die Welt der Voll-
endung nach Abschluß der Menschheitsgeschichte wäre3; vielmehr
ist jene Welt schon ebenso gegenwärtig wie diese.
1 In ähnlicher Weise gebraucht Meister Eckhart das Wort; vgl. Buch
der göttl. Tröstung (hrsg. von Ph. Strauch, 2. Aufl. 1922) 7, 26; 8, 39;
13, 37.
2 Die Korrektur von Jternen zu jtayn in T zeigt zur Genüge, daß die
Terminologie befremdete.
3 Damit soll das Vorhandensein eschatologischer Stellen nicht geleugnet
werden; vgl. 42, 23ff.
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herausgestellt, daß sie von einem Dualismus in der Weltauffassung
bestimmt ist. Es handelt sich nicht einfach um den theistischen
Dualismus von Gott und Geschöpf, sondern um einen platoni-
schen Dualismus, wenngleich er durchaus christliches Ge-
präge hat. Cu sanus sieht die Welt nicht als eine einheitliche
Größe an, vielmehr geht mitten durch die Welt ein Schnitt, der
sie sozusagen in zwei Welten teilt. Und da der Mensch die Mitte
der Geschöpfe ist, so geht der Schnitt zwischen den beiden Welten
mitten durch ihn hindurch. Seine 'obere Hälfte’ gehört der himm-
lischen Welt an, die Gott nah ist, seine 'untere’ der irdischen Welt,
die Gott fern ist.
Die beiden Welten werden einander gegenübergestellt als hymel
— und zwar meist in der Mehrzahl — und werlt oder ertrich. Die
hymel sind nicht etwa die verschiedenen Himmelskugeln, welche
die ptolomäische Astronomie annahm, sondern der Bereich der
verftentelichen naturen (32, 6. 9; 34, 8; 52, 17), in denen Gott
begrifflich vnd mercklich ist (34, 8). Den Himmeln gegenüber steht
die Welt oder das Erdreich, das nicht mit der Erde identisch, son-
dern der Bereich alles Irdischen ist1. Man beachte besonders den
häufigen Gebrauch des Demonstrativpronomens, wenn Cusanus
von dem irdischen Bereich spricht, z. B. off dijff em ertrich (24, 10:
28, 19; 36, 17. 22; 38, 1; 42, 5; 44, 20; 72, 17). Dabei macht
44, 13 klar, daß auch die Sterne, also das ganze stoffliche Uni-
versum, zu dem ertrich gehört2. Außerdem: off difer sichtlichen
werlt (24, 11; ähnlich 82, 20; 84, 13); in dijjer werlt (42, 27;
84, 9); na d. w. (44, 1); von d. w. (44, 12); vß d. w. (66, 17) usw.
Ebenso nah dijfer vergenclicher zift (42, 25); in d. wandelber z.
(66, 3); in dij fern fynlichen leben (56, 2); dij ff leben (86, 24;
70, 6) usw. Man könnte die Beispiele vermehren, aber die ange-
führten genügen, um zu zeigen, daß diese irdische Welt einer
andern gegenübersteht. Diese Gegenüberstellung ist aber keines-
wegs eschatologisch gesehen, so daß jene Welt die Welt der Voll-
endung nach Abschluß der Menschheitsgeschichte wäre3; vielmehr
ist jene Welt schon ebenso gegenwärtig wie diese.
1 In ähnlicher Weise gebraucht Meister Eckhart das Wort; vgl. Buch
der göttl. Tröstung (hrsg. von Ph. Strauch, 2. Aufl. 1922) 7, 26; 8, 39;
13, 37.
2 Die Korrektur von Jternen zu jtayn in T zeigt zur Genüge, daß die
Terminologie befremdete.
3 Damit soll das Vorhandensein eschatologischer Stellen nicht geleugnet
werden; vgl. 42, 23ff.