Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen
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Wangionenmünzen gesprochen wird, so zeigt sich auch darin die
Einflußnahme der Vorbevölkerung, denn dem germanischen Wirt-
schaftsleben ist damals die Münzprägung noch fremd1. Gegenüber
einer derartigen Geschlossenheit der keltischen Komponente in
dieser Gräberwelt2 treten die germanischen Züge sehr in den Hinter-
grund, zumal sie sich mehr nur auf Einzelheiten beschränken. Ge-
legentlich begegnet das schlichte Urnengrab in der Art desjenigen
von Würzburg; seinen starkenburgischen Beispielen, die nach alter
elbgermanischer Sitte über der Urne eine Deckschüssel haben3,
gesellten sich vor wenigen Jahren in dem zwar rechtsrheinischen,
aber zum Gebiet der Triboker gehörenden Diersheim einige Par-
allelfälle zu. Es bedeutet nichts, wenn in dem einen von diesen4
die Aschenurne eine typische keltische La-Tene-C-Vase ist und die
Deckschüssel ein Nigra-Gefäß; der Brauch bedient sich eben
der bodenständigen Waren, auch wenn er hier am Oberrhein
keinesfalls seine Heimat hat. Überzeugende Hinweise auf elb-
germanische Züge in der Keramik selbst gibt es kaum irgendwo.
Ein Gefäß aus Rüsselsheim in Starkenburg zeigt ,,runenartige Ein-
ritzungen“; aber selbst wenn diese5 wirklich ein kraftgeladenes
Symbol darstellen, so ist doch noch keineswegs bewiesen, daß sich
das Vorkommen eines solchen auf den germanischen Kulturkreis
beschränkt. Sicher germanische Arbeit liegt aber in der Fibel von
Niedermodern bei Hagenau vor, deren Fundumstände nicht be-
kannt sind6; sie hat in bestimmten Teilen Norddeutschlands und
des südlichen Skandinavien ihre einzigen und unmittelbaren Par-
1 Behrens 1923, S. 56ff.; Festschrift für August Oxe, 1938, 160f f.
(Derselbe.)
2 Die im einzelnen zu schildern Sache einer besonderen Untersuchung
sein müßte.
3 Die Altertümer unserer heidnischen Vorzeit 5, Tafel 70 (K. Schu-
macher).
4 Deutsches Bildungswesen 1935, 772ff. (E. Wahle). — In Diersheim
enthält das einzelne Grab außer der eigentlichen Aschenurne in mehreren
Fällen kein weiteres Tongefäß. Starkenburgische Beispiele hierfür s. auch bei
A. Koch, Vor- und Frühgeschichte Starkenburgs (1937), 58ff., mit Abb. 153,
160 und 181, sowie bei F. Behx, Urgeschichte von Starkenburg2, 1936, Taf. 49.
5 Rheinische Vorzeit in Wort und Bild 1, 1938, 104 (H. Arntz). Der
Fundort wird hier fälschlich nach Rheinhessen verlegt.
6 Vermutlich stammt sie aus einem Brandgrabe (Nachbestattung in
älterem Grabhügel). Kos sinn a hat dieses heute nicht mehr vorhandene und
nur aus einer älteren Veröffentlichung bekannte Stück erstmals für die Be-
völkerungsgeschichte ausgewertet; Korrespondenzblatt 38. 1907, 59ff.
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Wangionenmünzen gesprochen wird, so zeigt sich auch darin die
Einflußnahme der Vorbevölkerung, denn dem germanischen Wirt-
schaftsleben ist damals die Münzprägung noch fremd1. Gegenüber
einer derartigen Geschlossenheit der keltischen Komponente in
dieser Gräberwelt2 treten die germanischen Züge sehr in den Hinter-
grund, zumal sie sich mehr nur auf Einzelheiten beschränken. Ge-
legentlich begegnet das schlichte Urnengrab in der Art desjenigen
von Würzburg; seinen starkenburgischen Beispielen, die nach alter
elbgermanischer Sitte über der Urne eine Deckschüssel haben3,
gesellten sich vor wenigen Jahren in dem zwar rechtsrheinischen,
aber zum Gebiet der Triboker gehörenden Diersheim einige Par-
allelfälle zu. Es bedeutet nichts, wenn in dem einen von diesen4
die Aschenurne eine typische keltische La-Tene-C-Vase ist und die
Deckschüssel ein Nigra-Gefäß; der Brauch bedient sich eben
der bodenständigen Waren, auch wenn er hier am Oberrhein
keinesfalls seine Heimat hat. Überzeugende Hinweise auf elb-
germanische Züge in der Keramik selbst gibt es kaum irgendwo.
Ein Gefäß aus Rüsselsheim in Starkenburg zeigt ,,runenartige Ein-
ritzungen“; aber selbst wenn diese5 wirklich ein kraftgeladenes
Symbol darstellen, so ist doch noch keineswegs bewiesen, daß sich
das Vorkommen eines solchen auf den germanischen Kulturkreis
beschränkt. Sicher germanische Arbeit liegt aber in der Fibel von
Niedermodern bei Hagenau vor, deren Fundumstände nicht be-
kannt sind6; sie hat in bestimmten Teilen Norddeutschlands und
des südlichen Skandinavien ihre einzigen und unmittelbaren Par-
1 Behrens 1923, S. 56ff.; Festschrift für August Oxe, 1938, 160f f.
(Derselbe.)
2 Die im einzelnen zu schildern Sache einer besonderen Untersuchung
sein müßte.
3 Die Altertümer unserer heidnischen Vorzeit 5, Tafel 70 (K. Schu-
macher).
4 Deutsches Bildungswesen 1935, 772ff. (E. Wahle). — In Diersheim
enthält das einzelne Grab außer der eigentlichen Aschenurne in mehreren
Fällen kein weiteres Tongefäß. Starkenburgische Beispiele hierfür s. auch bei
A. Koch, Vor- und Frühgeschichte Starkenburgs (1937), 58ff., mit Abb. 153,
160 und 181, sowie bei F. Behx, Urgeschichte von Starkenburg2, 1936, Taf. 49.
5 Rheinische Vorzeit in Wort und Bild 1, 1938, 104 (H. Arntz). Der
Fundort wird hier fälschlich nach Rheinhessen verlegt.
6 Vermutlich stammt sie aus einem Brandgrabe (Nachbestattung in
älterem Grabhügel). Kos sinn a hat dieses heute nicht mehr vorhandene und
nur aus einer älteren Veröffentlichung bekannte Stück erstmals für die Be-
völkerungsgeschichte ausgewertet; Korrespondenzblatt 38. 1907, 59ff.