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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0018
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18

E. Wahle :

größeren Teile des heutigen Frankreich ausgedehnt hat, auf den
Britischen Inseln festen Fuß, um hier, auf keltischem Kolonial-
boden, sehr bald eine besondere Blüte zu erleben. Eindringlicher
noch als so im Raum folgt der La-Tene-Stil dem keltischen Volk
durch die Zeit hindurch. Die oben genannten Stufen A bis D füllen
die Jahrhunderte, die zwischen seinem ersten Auftreten und dem
Ende der politischen Selbständigkeit der Festlandkelten liegen;
ihre Ausläufer leben, wie schon recht früh erkannt worden ist, noch
einige Zeit im provinzialrömischen Kunstgewerbe weiter. Bei den
Inselkelten aber beginnt um die gleiche Zeit, nämlich im ersten
Jahrhundert n. Chr., eine Weiterbildung dieses Stiles, die nicht
ohne tieferen Grund gerade dort am längsten lebt, wo das kelti-
sche Volk heute ein eigenes Staatswesen besitzt, nämlich in Irland.
So geht der auf den Schwertscheiden des Fundplatzes La-Tene vor-
gezeichnete Stil gar in die frühmittelalterliche Buchmalerei ein, und
von hier aus, wo La-Tene-Stil und wikingische Tierornamentik sich
miteinander vermählen, finden einzelne Formelemente des ersteren
noch den Weg nach Skandinavien.
So deutlich wir heute sehen, welche kunstgewerblichen Lei-
stungen dem La-Tene-Stil zuzurechnen sind und welche nicht, so
wenig klar steht dieses Können als Gesamterscheinung vor unseren
Augen. Aber wie Furtwängler seine Ansicht von der Besonder-
heit dieses Stils an einer Metallarbeit, dem Goldblechbelag von
Schwarzenbach gewann, so haben sich die späteren Definitionen
ebenfalls vorwiegend an die Arbeiten in Eisen, Bronze, Gold und
Silber gehalten, und sind diese denn auch eher als die Gegenstände
aus anderem Stoff zum Vorwurf selbständiger Untersuchungen und
Darstellungen geworden. Die vor beinahe vier Jahrzehnten er-
schienene Arbeit Reineckes über die La-Tene-Denkmäler der Zone
nordwärts der Alpen konnte bis heute noch keine Nachfolge fin-
den; denn wenn ihr Verfasser darauf aufmerksam macht, daß „von
einem einheitlichen La-Tene-Stil nur in sehr beschränktem Maße
die Rede sein kann“1, so ist damit angesichts der außerordentlichen
Vermehrung des Stoffes die weitere Forschung zunächst auf den
Weg der Einzeluntersuchung verwiesen worden. Aber auch dieser
hat nur gelegentlich einmal einen Bearbeiter angelockt2, und so
1 a. a. O. 54.
2 Es sei hier insbesondere auf zwei umfängliche Tafelwerke verwiesen:
P. Jacobsthal u. A. Langsdorff, Die Bronzeschnabelkannen, 1929; W. A.
von Jenny, Keltische Metallarbeiten aus heidnischer und christlicher Zeit,
1935.
 
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