Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen
21
über den lebendigen Kräften frühgeschichtlichen Lebens, die es
endlich zu überwinden gilt. Denn auch in dem vorliegenden Bei-
spiel können irgendwelche Vorstufen der gekennzeichneten kelti-
schen Art in Ostfrankreich genau so wenig nachgewiesen werden
wie bei uns. Die Altertümer im Stile von La-Tene A sind eindeutig
auf das Gebiet zwischen Marne und Moldau, dem Nordrand der
Alpen und Hessen-Thüringen beschränkt. Und wenn innerhalb des
so umrissenen Raumes besondere Brennpunkte herausgestellt wer-
den sollen, dann einmal die Gegend von Saar und unterer Mosel,
und ferner die Oberpfalz mit dem westlichen Teil des böhmischen
Beckens. Hier begegnet der neue Stil besonders eindrucksvoll, und
zeigt es sich deshalb auch, wie er die Grundlage des Folgenden ist.
Diese Feststellung, daß hier eine fertige Leistung unvermittelt
auftritt, verweist uns darauf, den Anteil der Kelten an ihr nicht zu
gering einzuschätzen. Denn er ist und bleibt gegenüber den frem-
den Anregungen doch das Entscheidende. Maßgebend kann hier
nur sein, was aus diesen letzteren gemacht wird, und wir haben ja
in dem La-Tene A etwas durchaus Neues und Einmaliges. In
selbständiger und freier Form sind die italischen und etruskischen
Anregungen zu hervorragenden Schmuckstücken aus Gold und
Bronze verarbeitet. Aus ihnen, innerhalb deren sich fast kein Motiv
wiederholt, und in denen man die Hand der Künstler glaubt un-
mittelbar greifen zu können, geht dann langsam die Massenware
des La-Tene B hervor, innerhalb welcher der von den „Modellen“
her bekannte Formenschatz schließlich verblaßt. Hervorgehoben
wird das Besondere dieser frühen, einzeln durchgearbeiteten Stücke
noch dadurch, daß sie gerne in Fürstengräbern begegnen, in denen
auch Edelmetall und südliches Einfuhrgut Vorkommen.
Diese Beobachtungen erleichtern die Beantwortung der Frage,
welchen besonderen Voraussetzungen die beachtenswerte keltische
Leistung entspringt. Gerade die Feststellung, daß die von Süden
kommende Komponente nicht mehr ist als eben nur eine beschei-
dene Anregung, läßt uns die Wurzeln der umrissenen Lebens-
äußerung bei den Kelten selbst suchen. Unwillkürlich gehen wir
hier von den Künstlerpersönlichkeiten aus und von ihren Auftrag-
gebern, den Fürsten und sonstigen Großen des Volkes. Die Auto-
rität, welcher sich die Fürstengeschlechter erfreuten, ergibt sich
aus der Größe ihrer Grabhügel; auch sehen wir ja, wie die Masse
der Waffenfähigen den von ihnen geförderten Kunststil übernimmt.
Die innere Kraft der künstlerischen Leistung erhellt daraus, daß
21
über den lebendigen Kräften frühgeschichtlichen Lebens, die es
endlich zu überwinden gilt. Denn auch in dem vorliegenden Bei-
spiel können irgendwelche Vorstufen der gekennzeichneten kelti-
schen Art in Ostfrankreich genau so wenig nachgewiesen werden
wie bei uns. Die Altertümer im Stile von La-Tene A sind eindeutig
auf das Gebiet zwischen Marne und Moldau, dem Nordrand der
Alpen und Hessen-Thüringen beschränkt. Und wenn innerhalb des
so umrissenen Raumes besondere Brennpunkte herausgestellt wer-
den sollen, dann einmal die Gegend von Saar und unterer Mosel,
und ferner die Oberpfalz mit dem westlichen Teil des böhmischen
Beckens. Hier begegnet der neue Stil besonders eindrucksvoll, und
zeigt es sich deshalb auch, wie er die Grundlage des Folgenden ist.
Diese Feststellung, daß hier eine fertige Leistung unvermittelt
auftritt, verweist uns darauf, den Anteil der Kelten an ihr nicht zu
gering einzuschätzen. Denn er ist und bleibt gegenüber den frem-
den Anregungen doch das Entscheidende. Maßgebend kann hier
nur sein, was aus diesen letzteren gemacht wird, und wir haben ja
in dem La-Tene A etwas durchaus Neues und Einmaliges. In
selbständiger und freier Form sind die italischen und etruskischen
Anregungen zu hervorragenden Schmuckstücken aus Gold und
Bronze verarbeitet. Aus ihnen, innerhalb deren sich fast kein Motiv
wiederholt, und in denen man die Hand der Künstler glaubt un-
mittelbar greifen zu können, geht dann langsam die Massenware
des La-Tene B hervor, innerhalb welcher der von den „Modellen“
her bekannte Formenschatz schließlich verblaßt. Hervorgehoben
wird das Besondere dieser frühen, einzeln durchgearbeiteten Stücke
noch dadurch, daß sie gerne in Fürstengräbern begegnen, in denen
auch Edelmetall und südliches Einfuhrgut Vorkommen.
Diese Beobachtungen erleichtern die Beantwortung der Frage,
welchen besonderen Voraussetzungen die beachtenswerte keltische
Leistung entspringt. Gerade die Feststellung, daß die von Süden
kommende Komponente nicht mehr ist als eben nur eine beschei-
dene Anregung, läßt uns die Wurzeln der umrissenen Lebens-
äußerung bei den Kelten selbst suchen. Unwillkürlich gehen wir
hier von den Künstlerpersönlichkeiten aus und von ihren Auftrag-
gebern, den Fürsten und sonstigen Großen des Volkes. Die Auto-
rität, welcher sich die Fürstengeschlechter erfreuten, ergibt sich
aus der Größe ihrer Grabhügel; auch sehen wir ja, wie die Masse
der Waffenfähigen den von ihnen geförderten Kunststil übernimmt.
Die innere Kraft der künstlerischen Leistung erhellt daraus, daß