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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0050
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50

E. Wahle:

Themsegebiet kennenlernt, und die Tierornamentik eines Sins-
heimer Reihengräberfundes mit derjenigen der nordischen Gold-
brakteaten vergleicht, wird ihm der Reihengräberfriedhof und sein
Inventar zu einer gemeingermanischen Geschichtsquelle der Völker-
wanderungs- und Merowingerzeit1.
Der hier erstmals beschrittene Weg liegt so nahe, daß er sich
auch in anderen archäologischen Bereichen als gangbar erweist.
Persönliche Beziehungen zwischen Hannover und England, welche
die Personalunion beider Länder mit sich bringt, fördern
das Wissen um die Gleichartigkeit bestimmter Funde beider-
seits des Kanals, ohne daß eine nennenswertere Grabungstätig-
keit vorausgegangen sei. Sie erläutert den ersten Beobachtern
sofort ganz richtig die Auswanderung der Angelsachsen2, die von
den frühen Schriftquellen her bekannt ist. Nicht minder genau
weiß man in Ostdeutschland, daß hier die Slawen an der Grenze
gegen die frühgeschichtliche Zeit hin siedeln. Der planmäßigen Arbeit
R. Virchows gelingt es, die sog. Burgwallkeramik als slawisch zu
erweisen und gegen eine sicher vorslawische Schicht ganz, anderer
Art abzusetzen3. „Dieser Nachweis stützt sich in erster Linie auf
das Studium bekannter slavischer Ansiedelungen, Festungswerke
und Tempelplätze. Ich nenne in dieser Beziehung Arcona und
Garz auf Rügen, Wohin (Julin) in Pommern, Alt-Lübeck und die
meklenburgischen Burgwälle, deren Benutzung in historischer Zeit
wir kennen, ja deren Zerstörung durch geschichtliche Zeugnisse
beglaubigt ist. So habe ich namentlich bestimmte Formen und
Verzierungen des Thongerät.hes nachgewiesen, welche den alten
Slaven eigentümlich waren, vornehmlich das von mir sogenannte
Burgwall-Ornament. Mit diesen Erfahrungen habe ich die Funde
an solchen Orten, von denen wir keine historische Überlieferung
besitzen, kritisch gemustert, und ich kann darnach nur sagen, daß
1 E. Wahle Karl Wilhelmi (1786—1857) als Begründer der Altertums-
forschung in Süddeutschland. Neue Heidelberger Jahrbücher 1933, 53, 59f.
und 65.
2 J. M. Kemble Horae ferales, or studies in the archaeology of the
northern nations, London 1863, 215: Plate XXX “illustrates the cinerary
urns of the Saxons, both in England and the north of Germany; and the
close similarity of the two will strike every observer”. Die Übereinstimmung
der Gefäße von beiderseits des Kanals “will serve to show how complete,
even in this matter of detail, was the resemblance between the Saxons in Eng-
land, and those who remained behind in their old seats upon the Elbe”.
3 Zeitschrift für Ethnologie 4, 1872, (234)f.; ebenda 12, 1880, 227f.
 
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