4. Aussprache
19
hundert Shakspere oder Shaksper mit kurzem a und ohne
Mittelvokal e gewesen zu sein. Die Aussprache derselben war
nach dem Gesagten von 1350 bis etwa 1560 [saksp^r], [saksper]
oder [saksper], von da an [sgeksp^r], [sseksper] oder sseksper]. Gele-
gentlich ist diese Aussprache durch Assimilation des k an das fol-
gende s zu [sasp^r] oder [saspar] abgeschliffen worden; vgl. Schrei-
bungen wie Shasspeere, Sashpierre, Shcispere, Shasper. Da der
Dichter seinen Namen, wie wir sahen (S. 13), gewöhnlich wohl
Shakspere schrieb, dürfte er ihn in der Umgangssprache
[sseksper] oder, mit Verkürzung des zweiten Teils, [sseksper]
oder [sseksper] gesprochen haben.
b) Aber neben dieser volkstümlichen Form Shaksper(e) be-
stand immer eine gewähltere Form vom Typus Shakespeare)
mit Mittelvokal e, unter Anlehnung an shake und spear und mit
klarer Kennzeichnung der Bedeutung. In dieser gewählteren, lite-
rarischen Form des Namens mit Shake- als erstem Element war
das a jedenfalls lang, wie beim Infinitiv des Verbums shake
'schütteln’. Der Laut wert des ä von me. shäke(n), ne. shake war
in der Londoner Gemeinsprache von 1250 bis ins 15. Jahrhundert
[ä]; im Lauf des 15. Jahrhunderts entwickelte sich das [ä] nach
der palatalen Seite hin und hatte im Süden des Landes um 1500
schon die Stufe [se] erreicht, mit langem Mittellaut zwischen a und e.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ging die Aussprache
[äe] hier wohl schon in die Stufe [§] über1. Im Mittelland dagegen,
wo Shakespeare seine Jugend verlebte, war die Entwicklung weiter
zurück. Hier erfolgte die Aufhellung von [ä] zu [se] erst im Lauf des
16. Jahrhunderts, und um 1600 galt hier noch die Aussprache [se]2.
Beachtenswert ist, daß bei den Namensformen vom Typus
Shake- der zweite Teil des Kompositums meist Schreibungen wie
-spear(e), -spere-, -speer, -speyr(e), -speir(e), -spare aufweist, die auf
Länge des Vokals hindeuten. Nur ganz vereinzelt finden sich
Schreibungen wie Shakesper, Shakysper mit augenscheinlicher
Kürze des e im zweiten Element. Normalerweise gehen die Namens-
formen mit kurz gesprochenem zweiten Teil, wie -sper, -sperr, auch
mit kurzer Aussprache des ersten Teils: Shak-, Schack-, zusammen,
während die Formen mit lang gesprochenem zweiten Teil mit
Länge des Wurzelvokals im ersten Teil verbunden sind.
Die Aussprache des Namens Shakespeare in seiner
gewählten, literarischen Form war von 1250 bis zum 15. Jahr-
2 Luick § 492.
1 Luick § 493.
19
hundert Shakspere oder Shaksper mit kurzem a und ohne
Mittelvokal e gewesen zu sein. Die Aussprache derselben war
nach dem Gesagten von 1350 bis etwa 1560 [saksp^r], [saksper]
oder [saksper], von da an [sgeksp^r], [sseksper] oder sseksper]. Gele-
gentlich ist diese Aussprache durch Assimilation des k an das fol-
gende s zu [sasp^r] oder [saspar] abgeschliffen worden; vgl. Schrei-
bungen wie Shasspeere, Sashpierre, Shcispere, Shasper. Da der
Dichter seinen Namen, wie wir sahen (S. 13), gewöhnlich wohl
Shakspere schrieb, dürfte er ihn in der Umgangssprache
[sseksper] oder, mit Verkürzung des zweiten Teils, [sseksper]
oder [sseksper] gesprochen haben.
b) Aber neben dieser volkstümlichen Form Shaksper(e) be-
stand immer eine gewähltere Form vom Typus Shakespeare)
mit Mittelvokal e, unter Anlehnung an shake und spear und mit
klarer Kennzeichnung der Bedeutung. In dieser gewählteren, lite-
rarischen Form des Namens mit Shake- als erstem Element war
das a jedenfalls lang, wie beim Infinitiv des Verbums shake
'schütteln’. Der Laut wert des ä von me. shäke(n), ne. shake war
in der Londoner Gemeinsprache von 1250 bis ins 15. Jahrhundert
[ä]; im Lauf des 15. Jahrhunderts entwickelte sich das [ä] nach
der palatalen Seite hin und hatte im Süden des Landes um 1500
schon die Stufe [se] erreicht, mit langem Mittellaut zwischen a und e.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ging die Aussprache
[äe] hier wohl schon in die Stufe [§] über1. Im Mittelland dagegen,
wo Shakespeare seine Jugend verlebte, war die Entwicklung weiter
zurück. Hier erfolgte die Aufhellung von [ä] zu [se] erst im Lauf des
16. Jahrhunderts, und um 1600 galt hier noch die Aussprache [se]2.
Beachtenswert ist, daß bei den Namensformen vom Typus
Shake- der zweite Teil des Kompositums meist Schreibungen wie
-spear(e), -spere-, -speer, -speyr(e), -speir(e), -spare aufweist, die auf
Länge des Vokals hindeuten. Nur ganz vereinzelt finden sich
Schreibungen wie Shakesper, Shakysper mit augenscheinlicher
Kürze des e im zweiten Element. Normalerweise gehen die Namens-
formen mit kurz gesprochenem zweiten Teil, wie -sper, -sperr, auch
mit kurzer Aussprache des ersten Teils: Shak-, Schack-, zusammen,
während die Formen mit lang gesprochenem zweiten Teil mit
Länge des Wurzelvokals im ersten Teil verbunden sind.
Die Aussprache des Namens Shakespeare in seiner
gewählten, literarischen Form war von 1250 bis zum 15. Jahr-
2 Luick § 492.
1 Luick § 493.