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Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 5. Abhandlung): Shakespeares Name und Herkunft — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42024#0036
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Johannes Hoops: .Shakespeares Name und Herkunft

Behaghel1 verwirft den Ausdruck ,,Imperativnamen“; es sei
„nicht recht einzusehen, wie die Aufforderung zu einer Handlung zu
einer Bezeichnung dessen werden könne, der gewohnheitsmäßig diese
Handlung ausführt.“ Er glaubt, daß diese Satznamen von Hause
aus überhaupt keine Imperative enthalten haben, daß sie vielmehr
ursprünglich verkürzte Aussagesätze mit ausgelassenem
ich waren. Zum Beweis führt er den Namen Trauminit bei Anzen-
gruber an: „Du warst und bleibst a Trauminit dei Lebzeit“; aus
,,/ trau mi nitu. Er meint, wie der Vogel seinen Gesang, seinen Buf
als Namen erhalte (dt. Kuckuck, Kiebitz; engl, cuckoo), so sei auch
der Mensch nach dem Wort, der Wendung benannt worden, die er
gern im Munde führt: Heinrich Jasomirgott, die Prinzeß Meinetwe-
gen. Wie Trauminit auf I trau mi nit, so gehe Hassenpflug auf Ich
hasse den Pflug, Jagenteufel auf Ich jage den Teufel zurück.
Behaghel hat mit dieser Auffassung in einigen Fällen sicher
recht. Für Namensbildungen wie Trauminit trifft sie zweifellos zu.
Aber die Zahl sicherer Bildungen dieser Art ist sehr beschränkt.
Namen wie frz. Boileau, engl. Drinkwater, nd. Griepenkerl könnten
allenfalls so erklärt werden. Wegwerfende Gattungsnamen dagegen
wir frz. vaurien, engl, pickpocket, dt. Tunichtgut, Taugenichts und
Personennamen wie Zuckschwerdt, Shakespeare ua. lassen schwer-
lich diese Deutung zu. Find it. Crollalanza, Bevilacqua sind ihrer
Form nach zweifellos Imperativkomposita. Behaghel seihst muß
denn auch zugeben:
„Daß nach dem Wegfall des ich sich auch Umdeutungen der Verbal-
form zum Imperativ vollzogen haben und manche Neubildungen dann un-
mittelbar vom Imperativ ausgehn, soll nicht geleugnet werden.“
Eine andre Erklärung für die Entstehung der Imperativnamen
schlug Osthoff vor2. Er erblickt in ihnen alte Bahuvrihi-Kompo-
site, dh. metaphorische pars pro toto-Bildungen, bei denen
ein Teil als Bezeichnung des Ganzen gebraucht wurde. Wie die
nominalen Komposita Schnapsnase, Hitzkopf, Einauge, Großmaul,
Speckhcds als Benennungen für Menschen dienen können, die die be-
treffende Eigentümlichkeit haben, so könnten auch verbale Zusam-
mensetzungen wie Spürnase, Brausekopf, Triefauge, Plappermaul,■
Schreihals direkt und ohne Veränderung der Form auf Menschen be-
zogen werden, die eine Spürnase, einen Brausekopf, Triefaugen usw.
besitzen. Aber auch neuhochdeutsche Ivompositionsbildungen wie

1 Neuphilol. Mitteil. 25, 133f. (1924); Von deutscher Sprache 228f. (1927).
2 Das Verbum in der Nominalkomposition, Jena 1878, S. 132ff.
 
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