Metadaten

Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 5. Abhandlung): Shakespeares Name und Herkunft — Heidelberg, 1941

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42024#0037
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8. Imperativnamen vom Typus Shakespeare und ihr Ursprung

37

WencLe-hals, Dreh-hals, Knicke-bein, Schlepp-fuß, Streck-fuß, Schüt-
tel-Kopf als Bezeichnungen von Personen, oder niederdeutsche wie
Wipp-stert 'Bachstelze’ als Vogelname könnten so angesehen wer-
den, ,,als stünde der ganze Ausdruck bahuvrihisch oder metapho-
risch und erfordere, um dem Ursprünge der Bildungen gerecht zu
werden, solche Umschreibung wie: 'einen Idals zum Wenden, einen
sich wendenden Hals habend’ usw.“ (S. 133.) Besaß nun die Sprache
eine Anzahl solcher Komposita, so sei sie durch diese alsbald in die
Versuchung geführt worden, den Formen eine Deutung zu geben,
die ihnen ursprünglich nicht zukam. Man konnte sie ohne Mühe auf-
lösen als den 'Hals wendend’, 'den Sterz wippend’, oder man konnte
dann geradezu auch den Imperativ in dem ersten Cdiede wieder-
finden: 'wende den Hals’, 'wipp den Sterz’. Danach seien dann
Nachbildungen wie W age-hals, Eigennamen wie Fürchte-gott,
Kiese-weiter, Schlucke-bier, Vege-sack entstanden, auf welche die
behuvrihische Auffassung nun nicht mehr anwendbar ist. (Seite
132—34.)
Es mag sein, daß solche unrichtigen Auflösungen ursprünglich
zur Entstehung der Imperativnamen beigetragen haben. Daß aber
die große Mehrzahl der Bildungen heute imperativischen Charakter
hat, ist unbestreitbar. Die umfangreichen Zusammenstellungen,
die uns C. Schulze1, A. Darmesteter2 und 0. Schultz Gora3
in wertvollen Abhandlungen über dieses Namenproblem gegeben
haben, lassen darüber keinen Zweifel zu.
Diese imperativischen Namenbildungen sind Ausflüsse der
sprachschöpferischen Phantasie von ausgesprochen volkstümlichem
Gepräge. Sie beruhen auf wirklicher oder fingierter Anrede von
bald scherzhafter, bald satirischer oder tadelnder Art. Wenn eine
Mutter zu ihrem lebensfrohen Ivind wiederholt ermunternd sagt:
„Nun, Hans, spring ins Feld!“ und das Kind handelt danach, so
wird der Zuruf allmählich zu einem stehenden Beinamen: Hans
Springinsfeld. Was von Kindern gilt, gilt ebenso auch von Erwach-
senen: aus der Ermahnung des Vaters an seinen erwachsenen Sohn:
„Hans, tu dich um in der Welt!“ wird, wenn der Bat befolgt wird,
der Beiname Hans Tudichum.

1 Imperativisch gebildete Substantiva. Herrigs Archiv 43, 13ff. (1868).
2 Traite de la Formation des Mots Composes dans la Langue Frangaise.
Deuxieme edition, Paris 1894, S. 168ff.
3 Die französischen Satzortsnamen. I. Imperativische Bildungen. IIerrigs
Archiv 151, 26C—74; 152, 51 -61 (1927).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften