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Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 5. Abhandlung): Shakespeares Name und Herkunft — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42024#0038
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Johannes Hoops: Shakespeares Name und Herkunft

Von Anreden und Beinamen dieser Art wird die imperativische
Namenbildung vielfach ihren Ausgang genommen haben. Die An-
redeform gibt ihr von vornherein etwas Lebendiges, das an die
Phantasie appelliert und zur Nachahmung herausfordert. Nachdem
sie sich einmal eingebürgert hatte, werden bald zahlreiche Bei-
namen ähnlicher Art gebildet worden sein insbesondere auch
tadelnde, wie Hans Guckindieluft, Hans Tunichtgut. Sie waren zu-
nächst nur Gattungsnamen, die als Beinamen verwandt wurden;
aber manche derselben, wie Springsfeld, Thudichum ua. sind all-
mählich zu Familiennamen erstarrt.
Mit sprachschöpferischer Phantasie wurde dann diese impera-
tivische Anredeform von Menschen auch auf Tiere, Pflanzen und
Sachen übertragen und führte zu Namenbildungen wie Packern,
Hundename, Wippsteert 'Bachstelze’, Vergißmeinnicht für die be-
kannte Pflanze, Schauinsland für einen Aussichtsturm oder hoch-
ragenden Berggipfel. Bei manchen dieser späteren analogischen
Neubildungen wird der ursprüngliche imperativische Charakter
dieser Bildungsweise kaum noch empfunden.
So etwa werden wir uns die Entstehung und Ausbreitung der
imperativischen Namenbildung zu denken haben. Im übrigen inter-
essiert uns neben der morphologischen Auffassung dieses Namen-
typs hier vor allem sein geschichtlicher Ursprung seine Heimat.
Da ist nun bemerkenswert, daß diese imperativischen
Namenbildungen auch in den romanischen Sprachen
verbreitet sind; vgl. frz. Taillefer, Briselcince, Brisetete, Boileau,
Boilevin, hoche-queue 'Wippsteert, Bachstelze’, passe-partout
'Hauptschlüssel’, pince-nez 'Nasenklemmer’; it. Crollalanza, Bevi-
lacqua, Frangipani, passa-tempo 'Zeitvertreib’; span, corta-plumas
'Federmesser’, cumple-anos 'Geburtstag’. Und sie sind in den
romanischen Sprachen älter als in den germanischen,
wie die von Darmesteter1 und ScHULTZ-Gora2 gesammelten Na-
men aus alt französischer Zeit zeigen, deren ältest e in lat einischen
Urkunden begegnen und darum teilweise latinisiert sind.
Der erste Beleg aus Frankreich ist ein Ortsname, Tenegaudia,
anscheinend die Benennung eines Beiges, in einem Testament vom
Jahr 739;3 ein eigenartiger Name: 'Halte, bewahre die Freude’
(nämlich: mir, dem Besitzer), der aber sein französisches Seiten-
1 aaO. 206 ff.
2 aaO. 151, 260 ff.
3 Nach ScHULTZ-Gora aaO. 151. 261 f.
 
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