8. Imperativnamen vom Typus Shakespeare und ihr Ursprung
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für solche imperativischen Spitznamen sich aus Frank-
reich seit dem 11. Jahrhundert nach Deutschland und
England verbreitet hat. Viele dieser Spitznamen haben militä-
rischen Charakter; andre sprechen von Lebenslust und Zecher-
freuden. Man darf wohl annehmen, daß im Zeitalter der Kreuzzüge
und des Rittertums die Freude an diesen kecken und derben Na-
menbildungen insbesondere durch Landsknechte, fahrende Scho-
laren und Spielleute von Land zu Land getragen wurde. Die Nor-
mannische Eroberung hat durch die Einbürgerung dieser imperati-
vischen Spitznamen ebenso sehr wie durch die Einführung der
Heiligen- und alttestamentlichen Namen umbildend auf die eng-
lische Namengebung eingewirkt. Aber ähnlich wie in Deutschland,
wurde auch in England diese Gattung von Imperativnamen erst
im 13. und 14. Jahrhundert wirklich volkstümlich1.
Wir werden uns die Einbürgerung der neuen Namenbil-
dung so zu denken haben, daß zunächst einige französische Per-
sonennamen und eine Anzahl Gattungsnamen dieser Art durch die
Invasion der Normannen in England bekannt wurden. Diese wur-
den teils unverändert beibehalten, teils ins Englische übersetzt.
Aber bald wurden nach ihrem Muster auch einheimische Neubil-
dungen geschaffen. Die meisten der imperativischen Namenbil-
dungen waren ursprünglich wohl Gattungsnamen, wie sie
auch heute sowohl in den germanischen als auch in den romani-
schen Sprachen noch überall lebendig sind; vgl. Ausdrücke wie
engl, pickpocket, spendthrift, turnkey, hold-all, dreadnought, pick-me-
up; dt. Springinsfeld, Tunichtgut, Taugenichts, Habenichts, Vergiß-
meinnicht; frz. portemanteau, garderobe; it. porta-bagciglio. Einige
derselben wurden als Spitznamen für bestimmte Personen benützt
und setzten sich so als Familiennamen fest.
Schon in den romanischen Sprachen haben diese Namenbil-
dungen in ihrer äußeren Erscheinung imperativischen Charakter.
Dadurch gewinnt auch die Beurteilung der germanischen Namen
dieser Art ein anderes Gesicht. Wenn sie wirklich in größerem Um-
fang Übersetzungen, Nachahmungen und Nachbildungen franzö-
sischer Imperativnamen waren, so ist es begreiflich, daß auch die
germanischen Neubildungen von vornherein den imperativischen
Charakter übernahmen. Gerade in der Anredeform liegt ja die
suggestive Eigenart dieses neumodischen Namentyps begründet.
1 Weekley Surnames 254.
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für solche imperativischen Spitznamen sich aus Frank-
reich seit dem 11. Jahrhundert nach Deutschland und
England verbreitet hat. Viele dieser Spitznamen haben militä-
rischen Charakter; andre sprechen von Lebenslust und Zecher-
freuden. Man darf wohl annehmen, daß im Zeitalter der Kreuzzüge
und des Rittertums die Freude an diesen kecken und derben Na-
menbildungen insbesondere durch Landsknechte, fahrende Scho-
laren und Spielleute von Land zu Land getragen wurde. Die Nor-
mannische Eroberung hat durch die Einbürgerung dieser imperati-
vischen Spitznamen ebenso sehr wie durch die Einführung der
Heiligen- und alttestamentlichen Namen umbildend auf die eng-
lische Namengebung eingewirkt. Aber ähnlich wie in Deutschland,
wurde auch in England diese Gattung von Imperativnamen erst
im 13. und 14. Jahrhundert wirklich volkstümlich1.
Wir werden uns die Einbürgerung der neuen Namenbil-
dung so zu denken haben, daß zunächst einige französische Per-
sonennamen und eine Anzahl Gattungsnamen dieser Art durch die
Invasion der Normannen in England bekannt wurden. Diese wur-
den teils unverändert beibehalten, teils ins Englische übersetzt.
Aber bald wurden nach ihrem Muster auch einheimische Neubil-
dungen geschaffen. Die meisten der imperativischen Namenbil-
dungen waren ursprünglich wohl Gattungsnamen, wie sie
auch heute sowohl in den germanischen als auch in den romani-
schen Sprachen noch überall lebendig sind; vgl. Ausdrücke wie
engl, pickpocket, spendthrift, turnkey, hold-all, dreadnought, pick-me-
up; dt. Springinsfeld, Tunichtgut, Taugenichts, Habenichts, Vergiß-
meinnicht; frz. portemanteau, garderobe; it. porta-bagciglio. Einige
derselben wurden als Spitznamen für bestimmte Personen benützt
und setzten sich so als Familiennamen fest.
Schon in den romanischen Sprachen haben diese Namenbil-
dungen in ihrer äußeren Erscheinung imperativischen Charakter.
Dadurch gewinnt auch die Beurteilung der germanischen Namen
dieser Art ein anderes Gesicht. Wenn sie wirklich in größerem Um-
fang Übersetzungen, Nachahmungen und Nachbildungen franzö-
sischer Imperativnamen waren, so ist es begreiflich, daß auch die
germanischen Neubildungen von vornherein den imperativischen
Charakter übernahmen. Gerade in der Anredeform liegt ja die
suggestive Eigenart dieses neumodischen Namentyps begründet.
1 Weekley Surnames 254.