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Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 5. Abhandlung): Shakespeares Name und Herkunft — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42024#0042
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Johannes Hoops: Shakespeares Name und Herkunft

Sie gibt ihm etwas Frisches, Keckes, was die Phantasie anregte und
von selbst zu Nachahmungen und Neubildungen herausforderte.
Die Entscheidung der Frage, von welcher Sprache der Romania
diese Namenbildung ursprünglich ihren Ausgang genommen hat,
muß ich den Romanisten überlassen; ebenso die Untersuchung der
Frage, ob das Latein eine Rolle dabei gespielt hat.
Angesichts der Tatsache, daß sowohl in Ägypten als auch bei
den semitischen Völkern des alten Orients zusammengesetzte Per-
sonennamen in der Regel die Form eines Satzes hatten, könnte
man auf den Gedanken kommen, daß die Mode der imperativischen
Personennamen aus dem Orient über die romanische Welt zu den
germanischen Völkern gekommen sei. Aber die Satznamen des
Ägyptischen und der semitischen Sprachen sind keine Imperativ-
namen sondern Aussage-, Dank- oder Wunschsätze, die sich auf
die gebärende Mutter oder das neugeborene Kind im Verhältnis
zur Gottheit beziehen; vgl. ägyptische Namen wie Möge Amon hö-
ren\, Möge Re ihn lieben\, Schön ist die Gnade des Re; oder babylo-
nische wie Mein Gott, sei gnädig!, Sie hat mich gehört, Es ist genug,
mein Gott; oder hebräische wie Möge Gott erhören!, Jahwe hat ge-
holfen, Gott hat erhört, Nathanael = Gott hat gegeben, Immanuel = Gott
mit uns. Punische Satznamen dieser Art sind tatsächlich von der
römischen Bevölkerung Afrikas vielfach ins Lateinische übersetzt
worden und haben so Eingang in die abendländische Namengebung
des Mittelalters gefunden. Dahin gehören mlat. Namen wie Deus-
dedit, Deusdet, Quodvultdeus, Adeodatus, Deodatus, Deogratias,
Amadeus, Ametdeus ua.1.
Aber imperativische Spitznamen nach Art von Shakespeare,
Zuckschwerdt, Taillefer, Crollalanza sind dem altägvptisch-semiti-
schen Kulturkreis fremd. Hermann Ranke in seiner Abhandlung
„Grundsätzliches zum Verständnis der ägyptischen Personennamen
in Satzform“2 ist deshalb der Meinung, daß sie „offenbar als selb-
ständige europäische Neubildungen aufzufassen“ sind.
Es handelt sich bei der Frage nach den Ursprüngen der impe-
rativischen Namenbildungen vom Typus Shakespeare um ein inter-
essantes sprachgeschichtliches Problem von weiten kulturge-
geschichtlichen Perspektiven, das wohl eine eingehendere Spezial-
untersuchung verdient.
1 Vgl. Darmesteter aaO. 192f.
2 Sitzungsberichte d. Heidelberger Akademie d. Wissenschaften 1936/37,
3. Heft, S. 5f. u. A. 1.
 
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