Johannes Hoops: Shakespeares Name und Herkunft
könne Levelaunce sehr wohl ebenso früh eine englische Form an-
genommen haben. Er muß dann allerdings zugeben:
“ClearlyBreakspear is a better translation from Briselance than is Shake-
speare from Levelaunce, but I do not think that is very material.”
Es ist doch nicht so unwesentlich, wie er meint. Untersuchen
wir zunächst die Bedeutung des normannischen Namens Levelance.
Lever la lance bedeutet wörtlich rdie Lanze erheben’; dazu
die Partizipialwendung lance levee 'mit erhobener Lanze’. Nach
Sternberg1 ist damit 'die (wenn man nicht kämpfte) senkrecht
getragene Lanze’, nach Bach2 'die eingelegte Lanze’ gemeint. Die
richtige Bedeutung ergibt sich vielleicht aus zwei Stellen im
Perceval des Chretien de Troyes3, verglichen mit der entsprechenden
Stelle in Wolframs Parzival. Im Perceval will Gornemanz dem
Perceval das Reiten und das demener la lance et Vescu beibringen.
Er reitet ihm einiges vor und kommt zurück lance levee (V. 1454).
Perceval macht es nach und kommt wieder auf Gornemanz zu
lance levee (V. 1493). An der entsprechenden Stelle bei Wolfram
von Eschenbach im Parzival zeigt Gurnemanz dem Parzival, wie
er das Roß üf den poInder solde wenken ('zum Angriff sollte wenden’)
und den schüft ze rehte senken (III 174, 3f.)4. Aus den beiden
französischen Perceval - Stellen allein kann man nichts Sicheres
schließen; aber mhd. den schüft senken kann jedenfalls nur bedeuten
'die Lanze (zum Angriff) einlegen’, was im Lranzösischen gewöhnlich
baissier la lance heißt.
Lever la lance bedeutet allerdings ja eigentlich 'die Lanze er-
heben’. Nun wurde aber die Lanze in der Ruhestellung senkrecht
neben dem Sattel getragen, wobei das untere Ende wahrscheinlich
in einer Tasche in der Nähe des Steigbügels steckte. Beim Über-
gang in die Angriffsstellung mußte die Lanze aus dieser Tasche
herausgehoben und dann aus der Vertikal- in die Horizontalstellung
gesenkt werden. Darauf beziehen sich wohl die Ausdrücke lever la
lance und baissier la lance, die also beide nur zwei Akte in dem
Übergang von der Ruhestellung zur Angriffsstellung bezeichnen.
So kommt es, daß lance levee im Sinne von 'kampfbereit’ gele-
1 A. Sternberg Die Angriffswaffen im altfranzösischen Epos (Stengels
Ausgaben u. Abhandlungen 48), Marburg 1886, § 96.
2 V. Bach Die Angriffswaffen in den altfranzösischen Artus- und Aben-
teuer-Romanen (Stengels Ausg. u. Abhandl. 70), Marburg 1887, § 92.
3 Der Percevalroman des Christian von Troyes, hrsg. v. A. Hilka;
Halle 1932. Ich verdanke den Hinweis auf die beiden Stellen Karl Voretzsch.
4 Ausgabe von Lachmann.
könne Levelaunce sehr wohl ebenso früh eine englische Form an-
genommen haben. Er muß dann allerdings zugeben:
“ClearlyBreakspear is a better translation from Briselance than is Shake-
speare from Levelaunce, but I do not think that is very material.”
Es ist doch nicht so unwesentlich, wie er meint. Untersuchen
wir zunächst die Bedeutung des normannischen Namens Levelance.
Lever la lance bedeutet wörtlich rdie Lanze erheben’; dazu
die Partizipialwendung lance levee 'mit erhobener Lanze’. Nach
Sternberg1 ist damit 'die (wenn man nicht kämpfte) senkrecht
getragene Lanze’, nach Bach2 'die eingelegte Lanze’ gemeint. Die
richtige Bedeutung ergibt sich vielleicht aus zwei Stellen im
Perceval des Chretien de Troyes3, verglichen mit der entsprechenden
Stelle in Wolframs Parzival. Im Perceval will Gornemanz dem
Perceval das Reiten und das demener la lance et Vescu beibringen.
Er reitet ihm einiges vor und kommt zurück lance levee (V. 1454).
Perceval macht es nach und kommt wieder auf Gornemanz zu
lance levee (V. 1493). An der entsprechenden Stelle bei Wolfram
von Eschenbach im Parzival zeigt Gurnemanz dem Parzival, wie
er das Roß üf den poInder solde wenken ('zum Angriff sollte wenden’)
und den schüft ze rehte senken (III 174, 3f.)4. Aus den beiden
französischen Perceval - Stellen allein kann man nichts Sicheres
schließen; aber mhd. den schüft senken kann jedenfalls nur bedeuten
'die Lanze (zum Angriff) einlegen’, was im Lranzösischen gewöhnlich
baissier la lance heißt.
Lever la lance bedeutet allerdings ja eigentlich 'die Lanze er-
heben’. Nun wurde aber die Lanze in der Ruhestellung senkrecht
neben dem Sattel getragen, wobei das untere Ende wahrscheinlich
in einer Tasche in der Nähe des Steigbügels steckte. Beim Über-
gang in die Angriffsstellung mußte die Lanze aus dieser Tasche
herausgehoben und dann aus der Vertikal- in die Horizontalstellung
gesenkt werden. Darauf beziehen sich wohl die Ausdrücke lever la
lance und baissier la lance, die also beide nur zwei Akte in dem
Übergang von der Ruhestellung zur Angriffsstellung bezeichnen.
So kommt es, daß lance levee im Sinne von 'kampfbereit’ gele-
1 A. Sternberg Die Angriffswaffen im altfranzösischen Epos (Stengels
Ausgaben u. Abhandlungen 48), Marburg 1886, § 96.
2 V. Bach Die Angriffswaffen in den altfranzösischen Artus- und Aben-
teuer-Romanen (Stengels Ausg. u. Abhandl. 70), Marburg 1887, § 92.
3 Der Percevalroman des Christian von Troyes, hrsg. v. A. Hilka;
Halle 1932. Ich verdanke den Hinweis auf die beiden Stellen Karl Voretzsch.
4 Ausgabe von Lachmann.