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Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 5. Abhandlung): Shakespeares Name und Herkunft — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42024#0048
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Johannes Hoops: Shakespeares Name und Herkunft

Eher könnte man daran denken, daß alle drei Namen aus dem
entsprechenden Namen einer vierten Sprache übertragen seien;
und hier käme wohl nur das Französische in Betracht, das geo-
graphisch allen drei andern benachbart ist. Für me. Draweswerd,
ne. Drawsword und dt. Zuckschwerdt haben wir vielleicht in afrz.
norm. Sakeespee die gemeinsame Quelle (vgl. oben S. 27). Für
Shakespeare besteht vielleicht die Möglichkeit, daß es in einzelnen
Fällen als englische Wiedergabe von anglonorm. Levelaunce auf-
gefaßt werden könnte; aber die normale Übersetzung desselben
kann es aus den eben dargelegten Gründen nicht sein: da die
Bedeutung der beiden Namen sich nicht deckt, und da wir in dt.
Schüttespeer und it. Crollalanza genauere Entsprechungen zu engl.
Shakespeare haben.
Vielleicht weist uns it. Crollalanza auf den richtigen Weg. Im
Rolandslied heißt es V. 441 f.: “Li reis Marsilies ad la culur muee,
de sun algeir ad la hanste crollee” 'Der König Marsilies hat die Farbe
gewechselt, er hat den Schaft seines Wurfspeers geschüttelt’ (als
Zeichen seines Zorns über die Botschaft Ganelons)1. Croller Vagier
und ähnlich wohl croller Vespieu, la lance bedeutet 'den Wurfspeer,
den Spieß, die Lanze schütteln’ zum Ausdruck der Erregung, des
Unwillens und Zorns. Croller Vespieu, la lance sind allerdings aus
älterer Zeit nicht belegt; aber für croller (nfrz. crouler) la lance im
Sinne von 'agiter, brandir; schütteln, schwingen’ liegt ein Beleg
aus dem 16. Jahrhundert vor: “11 la ficha (la tete de Galba) au
bout d’une lance, et alla secouant et branlant la face de ce pauvre
vieillard ... et croulant sa lance toute teinte du sang qui couloit
au long”.2
1 Er hat einen mit goldnen Federn versehenen Wurfspieß in der Hand
(on algier tint ki d’or fut enpenet, V. 439), offenbar als Zeichen seiner könig-
lichen Würde. Gerhard Hopfgarten (Der Untergang altfranzösischer Wörter
germanischer Herkunft, Dissert. Halle 1926, S. 28) weist darauf hin, ,,daß der
fränkische König statt des Szepters die alte Lanze der kriegerischen Germanen
führte.“
Afrz. agier (Hs. algier, algeir) aus atgier "Wurfspeer’(wofür sonst favelot)
ist ein germanisches Lehnwort: anord. atgeirr, ae. setgär, afries. etger ua.
"Wurfspeer’. Vgl. Bai st Variationen über Roland 2074, 2156 im Festband
für Wend. Foerster S. 216 (1902). — Auch afrz. espieu, nfrz. epieu "Spieß’
mit seinen verschiedenen Formen (espier, espiet, espiel, prov. espieut, espeut)
stammt aus dem Germanischen: frank. *speut. Vgl. H. Suchier Z.f. rom.Ph.
1, 429—31 (1877); Gamillscheg Et. Wb. 372b.
2 Amyot Galba 27; zitiert bei E. Huguet Dict. de la Langue Franq. du
16me Siede, II 660 sv. crouler 1.
 
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