Metadaten

Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 6. Abhandlung): Zur Chronologie der Eklogen Vergils: vorgelesen am 27. April 1974 von Viktor Poeschl — Heidelberg: Winter, 1974

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45449#0048
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
46

Ernst A. Schmidt

Eben diese kurze Formel wirkt nun nach und in ecl. 7 hinein: «Arca-
des ambo, / et cantare pares et respondere parati» (v. 4f.). Thyrsis und
Corydon sind Arkader wie die Rolle Dämons, wie die Hirten um Gal-
lus, weil sie als Liebende in der Nachfolge Pans singen. Vers 24 des
Corydon spielt darauf an: «hic arguta sacra pendebit fistula pinu».
Pans heilige Fichte, die Fichte des Maenalus, kommt aus ecl. 8,22:
«pinusque loquentis» und 10,14 f.: «pinifer . . . Maenalus»26, die «fistu-
la» aus ecl. 8,33 und 10,3427. Die Epitheta von Fichte und Syrinx,
«sacra» und «arguta», gehören zum Sondergut des Corydon der sieben-
ten Ekloge, der bei allen Motiven der bukolischen Welt Vergils, die er
aufgreift - und er singt nichts anderes als Motive der früheren Eklo-
gen -, Bedeutung und Schönheit steigert. Ihm sind Fichte und Syrinx
Pans heilig und beredt, wie die Pieriden (ecl. 3, 9, 6, 8, 10) bei ihm in
«Libethrides» verwandelt sind.
Arkadersein bedeutet also in Nachfolge Pans Sänger, insbesondere
von Liebesliedern, bzw. als Liebender Sänger zu sein. Vergil hat auf
dem kurzen Weg von ecl. 8 über 10 zu 7 diese Vorstellung immer deut-
licher gemacht, so daß er mit der knappsten Formel «Arcades ambo»
enden kann.
Es gibt weder eine arkadische Bukolik bei Vergil im Unterschied zu
sizilischer - keine der drei späten Eklogen wird in Arkadien gesun-
gen -, noch ist Vergils Bukolik insgesamt arkadisch. <Arkadisch> ist
Vergils Formel für seine Bukolik, nachdem sie sich selbst wiedergefun-
den hat, d. h. die Formel für Kunst des Gesangs, wie sie Liebende ver-
stehen. Die Wesenszüge, die man im Gefolge Snells dem vergilischen
Arkadien zuschreibt, sind in Verquickung der Jachmannschen Eklo-
geninterpretation mit dem in der Renaissance begründeten Arkadien-
begriff (Sannazaro) entstanden28. Sie haben ihre Bedeutung nur un-
abhängig von Vergils Bukolik.

26 Die arkadische Fichte, der Baum Pans, gehört wieder zum Sonderbestand der
drei Späteklogen. Das Wort «pinus» fehlt in den drei frühen Eklogen ganz; in
den vier mittleren ist es 2 mal belegt (ecl. 1,38; 4,38), ohne Zusammenhang mit
Arkadien oder Pan. In der Spätgruppe gibt es, incl. «pinifer», 5 Belege.
27 «fistula» zeichnet die frühen und die späten Eklogen aus: je 1 Beleg in 2, 8, 10, 7,
2 Belege in ecl. 3; «calami» wird durchgängig gebraucht (2, 3, 5, 1, 6, 8), «avena»
in ecl. 1 und 10 (vgl. auch ecl. 5,37), «cicuta» (vgl. auch ecl. 2,36), «harundo»
(vgl. auch ecl. 7,12), «tibia» nur je 1 mal (5, 6, 8).
28 Vgl. Schmidt, Poet. Refl., S. 177 ff.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften