Metadaten

Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 3. Abhandlung): Zeit und Geschichte bei Augustin: vorgetragen am 14. Juli 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47817#0075
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zeit und Geschichte bei Augustin

73

als solche außerhalb von Zeit, Welt und Geschichte. Von „exortus“,
„excursus“ und „debiti fines“ der beiden civitates - dies das Programm
von civ. 11-22 (vgl. civ. 1,35; 10,32; 11,1) - gehört nur der „excursus“ der
Weltzeit an, ja, macht diese aus (civ. 15,1; II, p. 58,24-27).
(3) Weltgeschichte als Kampf des Glaubens und des Unglaubens.
Heinrich Scholz, Glaube und Unglaube in der Weltgeschichte. Ein
Kommentar zu Augustins De Civitate Dei, Leipzig 1911, S. lf.: Die
Bücher vom Gottesstaat „bilden gleichsam das Archiv, in welchem
Augustin die Akten dieses Kampfes niedergelegt“ hat, indem er „die
Sieghaftigkeit der gottbefreundeten und die Selbstzersetzung der gott-
verfeindeten Mächte an geeigneten Beispielen antithetisch verdeut-
lichte“. Bloch, S. 585: „Zwei Staaten also kämpfen seit je in der
Menschheit unversöhnbar, die civitas terrena und die civitas Dei,
[...] Augustins Geschichtsphilosophie gibt sich als Archiv dieses
Kampfes: die Selbstzersetzung der irdischen Staaten, der keimende Sieg
des Christusreichs werden an heftigen Beispielen antithetisch verdeut-
licht“24. Auf das überaus einflußreiche Scholzsche Erklärungsmodell
gehe ich in Kap. 3 (1) ein.
(4) Transzendenz und Geschichte: Heilsgeschichte, Zielgeschichte.
Wie „erzeugt“ - Blochs Formulierung (S. 585) - „civitas Dei“
Geschichte? Inwiefern heben die Prädestinations- und Gnadenlehre
Augustins und damit die von Gottes Wille, Allmacht und Vorauswis-
sen allein begründete Jenseitshoffnung, doch menschliches Wollen
und Wirken als geschichtsmächtiges Handeln nicht auf? Das ist Blochs
eigene Frage (vg. S. 588). Er gibt zwei verschiedene Antworten, zuerst
eine so vorsichtig positive, daß aus dem Ja zur Geschichtserzeugung
praktisch ein Nein wird, später jedoch ein entschiedenes Ja, das aus-
drücklich als dem Selbstverständnis Augustins entgegengesetzt, aber
als Sachtendenz des Werkes verstanden wird.
So sagt Bloch zunächst (S. 589), „der Gottesstaat“ ziehe „dem Men-
schen“ in seiner Erwartung „vorher“ und werde „von der Geschichte
hergestellt, vorsichtiger: herausgestellt“. Als „neue Erde“ könne die
Transzendenz des Gottesstaats „utopisch sein, denn sie verflicht sich
mit der produktiven Hoffnung menschlicher Geschichte“25. Später wird

24 In die zum Teil wörtlich von Scholz übernommenen Formulierungen ist
„Geschichtsphilosophie“ und „irdische Staaten“ unauffällig und sinnverändernd
eingefugt.
25 Ist also („verflicht sich mit“) „civitas Dei“ nicht selbst diese produktive Hoffnung?
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften