Metadaten

Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 2. Abhandlung): Ovids poetische Menschenwelt: die Metamorphosen als Metapher und Symphonie ; vorgetragen am 3. Juni 1989 — Heidelberg: Winter, 1991

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48162#0029
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Ovids poetische Menschenwelt

27

hung) genannt werden. Diese Analogie der Herrschaft von Göttern und
Menschen ist in der griechisch-römischen Antike hier zum ersten Mal
belegt.17
2. Prometheus erschafft den Menschen nach dem Bilde der Götter.
Zu einfältig bemerkt comm. Haupt zur Stelle: „Die Einfalt der alten
Welt, die sich die Götter in Menschengestalt dachte, wandte diese Vor-
stellung so, daß sie die Menschen nach dem Bilde der Götter ließ ge-
schaffen sein.“ Wäre dem so, sähe die Zeugnislage anders aus. Schwabl
hat darauf aufmerksam gemacht, daß Ovids Vers „finxit in effigiem mo-
derantum cuncta deorum“ (met. 1,83) ein Hesiod-,Zitat4 ist, unmittelbar
vor dem unverkennbaren ausführlichen Hesiodzitat des Weltaltermy-
thos: Erga 61-63 gibt Zeus dem Hephaistos den Auftrag, die Jungfrau
Pandora zu schaffen: γαϊαν υδει φύρειν, [. . ./. . .] άθανάτης δέθεής εις
ώπα έίσκειν /παρθενικής καλόν είδος [. . ,].18 Ob diese Orientierung an
Hesiod bereits ausreicht, um Genesis 1,26f. als Herkunft der ovidischen
Vorstellung auszuschließen, wie Schwabl meint, würde ich eher bezwei-
feln. Den Zeushymnus des Kleanthes, nämlich v. 4 in der Form: έκ σοϋ
γάρ γενόμεσθα, θεού μίμημα λαχόντες bezieht Robinson19 in die Dis-
kussion ein. Aber θεού ist Konjektur (Pearson) für überliefertes ήχου
und macht obendrein die Änderung γενόμεσθα (Meineke) für γένος έσ-
μέν nötig. Man sollte auf Belege verzichten, die nur als problematische
Heilungsversuche einer alten crux existieren. Stattdessen könnte man
auf Cic., legg. 1,8,25 („homini cum deo similitudo“) und Musonius 17,
p. 90,4f. Hense (άνθρωπος μίμημα [. . .] θεού μόνον των επιγείων
έστίν) verweisen. Daneben läßt sich vielleicht im Zusammenhang mit
dem dritten Motiv ein weiteres Argument für die Erklärung aus grie-
chisch-römischen Voraussetzungen gewinnen. Hier ist noch auf eine an-
dere sprachliche und in gewisser Weise auch sachliche Parallele auf-
merksam zu machen, die Erschaffung des beseelten und lebendigen
17 Nichts dazu in den Kommentaren. - Die Analogie Zeus/Jupiter - Herrscher ist älter. Die
Herrschaft über die anderen Lebewesen ist in der alttestamentlichen Exegese zum Sinn
der Gottebenbildlichkeit des Menschen eines der verfochtenen Motive. Vgl. Köhler
(19664), Theologie des AT, S. 134f. („weit verbreitet ist die Deutung. [. . .]“). Eine solche
Interpretation ließe sich mit gleichem oder gar größerem Recht auch für Ovid vertreten.
18 Schwabl (1965), rec. Lämmli, S. 221.
19 Vgl. Robinson (1968), Ovid and the Timaeus, S. 258. Robinson will dort aber gerade
darauf hinaus, daß sich die gleiche Idee auch im Timaios finde, wo „man’s rationality
reflects the rationality of the heavenly gods, and where his direct formation by the De-
miurge makes him to that degree a faithful replica of the Demiurge (Tim. 28c, 28b,
30bc).“ Das klingt nicht sehr überzeugt oder überzeugend. - Zur Gottebenbildlichkeit
in antikem und christlichem Denken vgl. jetzt auch Pöschl (1989), Würde, S. 42f.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften