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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 2. Abhandlung): Ovids poetische Menschenwelt: die Metamorphosen als Metapher und Symphonie ; vorgetragen am 3. Juni 1989 — Heidelberg: Winter, 1991

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48162#0105
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Ovids poetische Menschenwelt

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geschick nicht aufheben (v. 203), aber Hyacinthus ,wird immer bei ihm
sein4: „semper eris mecum“ (v. 204) - wie Daphne (met. 1,557ff.)·
Die beiden paiderotischen Geschichten stehen in Buch 10, im Lied
des Orpheus, der nach dem Tod der Eurydice Frauenliebe verschmähte
und der πρώτος εύρετής der Knabenliebe wurde [met. 10,79-85). Ovid
hat in der Tat vor Buch 10 keine derartige Liebesgeschichte erzählt.16
Die fünf Liebesgeschichten Apollos ordnen sich zueinander: als erste
und letzte - Daphne und Sibylle - mit dem gemeinsamen Motiv der jung-
fräulichen Verweigerung, die erste und zweite - Daphne und Coronis -
als Gegenstücke; die dritte und vierte, beide im 10. Buch, nur durch
Jupiters Liebe zu dem Knaben Ganymed getrennt, gelten der Knaben-
liebe; beide Erzählungen enden mit dem Tod des Geliebten. Alle drei
von Daphne und Sibylle ,gerahmten4 Liebesgeschichten setzen zwar
glückliche und gegenseitige Liebe voraus, enden aber mit dem Tod der
Geliebten, den der Gott nicht aufheben kann. Dem Olympier hat die
Liebe viel Leid gebracht.
§ 23 Begehrende Götter und sterbliche Mädchen
Jungfräulicher Widerstand und sexuelle Gewalt
Die beiden bisher betrachteten Motive haben zwar den exemplari-
schen Charakter der Apollo-Daphne-Erzählung bestätigt, sich aber
nicht eigentlich als kompositionsbildend im Sinn der Organisation des
Kontexts erwiesen. Was ihre Verfolgung für den Aufbau der Metamor-
phosen lehrte, war die Verbindung der Themen Götterliebe mit Sterb-
lichkeit und Tod und die atmosphärische Veränderung über die Bücher
der Dichtung hin. Indem ich nun aber dem MetamorphosentQxt nach der
Verwandlung Daphnes folge, bekomme ich mit dem dritten Motiv, be-
gehrende Götter und sich verweigernde Jungfrauen, ein kompositions-
16 Phanokles hatte in Έρωτες ή Καλοί außer der Orpheusgeschichte (fr. 1 Po well) auch die
Verwandlung des Kyknos in einen Schwan erzählt (fr. 6 Po well), nachdem er den Tod
Phaethons, ihm über dessen Mutter Klymene verwandt, zu sehr beweint hatte. Bei Pha-
nokles muß Kyknos Liebhaber des Knaben Phaethon gewesen sein. Ovid, der die glei-
che Metamorphose erzählt (met. 3,267ff.), deutet die homoerotische Beziehung äußerst
knapp an, so daß man sie beinah überliest (v. 368f.: „qui tibi materno quamvis a san-
guine iunctus,/ mente tamen, Phaethon, propior fuit“)· Die Liebe zwischen Phyllius und
einem Knaben, der ebenfalls in einen Schwan verwandelt wird, streift Ovid in met.
7,371-379 eher als daß er sie erzählte, doch ist das Motiv Knabenliebe bei aller Kürze
deutlich (v. 373: „pueri“; v. 375: „stricto totiens iratus amore“), ein erstes unauffälliges
Antönen.
 
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