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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 2. Abhandlung): Ovids poetische Menschenwelt: die Metamorphosen als Metapher und Symphonie ; vorgetragen am 3. Juni 1989 — Heidelberg: Winter, 1991

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48162#0130
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Ernst A. Schmidt

Scylla), inzestuöse Liebe (Byblis, Myrrha) u.a., so vor allem noch die
Schuld am Tod des Geliebten.23
Innerhalb dieser zerstreuten Folge von Liebesgeschichten stellt das
zehnte Metamorphosenbuch, das ganz der Liebe des Orpheus und sei-
nem Gesang gewidmet ist, eine besondere Verdichtung dar: außerdem
sind hier die Geschichten noch durch Motiventsprechungen zusammen-
gehalten. Orpheus gewinnt seine Gemahlin durch die Kraft seiner Liebe
und seines Gesanges von den Toten zurück (um sie aus Liebe, als Lie-
bender wieder zu verlieren); der Künstler Pygmalion, von dem Orpheus
singt, belebt durch seine Liebe sein eigenes Kunstwerk. Pygmalion haßt
alle Frauen, Orpheus lehnt nach dem Tod der Eurydice alle Frauenliebe
ab und wird zum Begründer der Knabenliebe. Pygmalion liebt sein eige-
nes Kunstwerk, seine Mädchenstatue, also, nach antiker Metaphorik,
seine geistige Tochter24; die Tochter Paphos aus dieser Verbindung wird
die Mutter des Cinyras, den nun seine eigene Tochter Myrrha inzestuös
liebt.2''
Das zum Schluß hin sich ausdünnende Thema großer, schrecklicher,
ungewöhnlicher, verbotener, tragischer Liebe kreuzt sich mit dem dich-
ter werdenden Thema der Apotheose. Otis formuliert gut26: „The theme
of apotheosis [...] is spread throughout the whole (womit Otis seine
Sektion IV meint) in a crescendo that appropriately reaches a climax at
the very end.“

23 Vgl. dazu die glücklichen Ausführungen von Ludwig (1965), Struktur der Metamorpho-
sen, S. 51-55 (zu seinem 8. ,Großteil· = met. 9,447-11,193).
24 Vgl. Ovid, trist. 3,1,65 f.; 3,14,7-18; Arist., Eth.Nic. 9,7,1167b 33-1168a 3.
25 Auf diese Zusammenhänge machte Fränkel (1945), Ovid, S. 96f. aufmerksam. Zu den
„multiple thematic Connections“ der Geschichtengruppe met. 9,450-11,84 vgl. auch Ga-
linsky (1975), Ovid’s Metamorphoses, S. 86ff.
26 Otis (19702 = 19661), Ovid, S. 279.
 
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