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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 2. Abhandlung): Ovids poetische Menschenwelt: die Metamorphosen als Metapher und Symphonie ; vorgetragen am 3. Juni 1989 — Heidelberg: Winter, 1991

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48162#0131
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Ovids poetische Menschenwelt

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Kapitel 4: Überwindung des Todes
§ 30 Apotheose als Verewigung und das aitiologische Element Dauer
„Legt man die unbestreitbare Zweiteilung der Metamorphosen in ei-
nen griechischen (I-XI) und einen trojanisch-römischen Teil (XII-XV)
zugrunde, so fällt auf, daß im ersteren das Motiv der Apotheose selte-
ner, im letzteren häufig und intensiv auftritt“: so Godo Lieberg.1 Der
Befund ist also wohl eindeutig: die Apotheose ist ein Thema, das seine
Dominanzphase gegen Ende des Werkes hat, welcher Intensivierung in
vertrauter Weise Antizipationen, Präfigurationen vorausgehen. Doch
was für ein Thema ist das? Wenn die Apotheose (Deifikation) in glei-
cher Weise Metamorphose ist wie Ornithogonie, Dendrogonie, Batra-
chogonie, Lithogonie, würde Ovid dann nicht die Kategorie der kompo-
sitionsprägenden Thematik gewechselt und statt eines wie Liebe oder
Strafe in Verbindung mit verschiedenen Verwandlungstypen stehenden
Themas nun eine spezifische Metamorphose thematisch gemacht ha-
ben?
Im Blick auf das Thema können diese Bedenken insofern beruhigt
werden, als die Apotheose, also die Metamorphose in einen Gott, nur
eine, wenn auch die wichtigste und gegen den Schluß der Dichtung zu
dominante, Ausprägung eines weiteren Themas darstellt, das ich
„Überwindung des Todes“ nenne und zu dessen Variationen auch das
Scheitern versuchter Todesüberwindung, die Ohnmacht gegenüber dem
Todesgeschick, und partielle Überwindung des Todes, eine Ersatzlö-
sung statt der Wiedererweckung zum Leben oder der Vergottung, gehö-
ren und mit dem daher auch andere Metamorphosen als die Apotheose
verbunden sind. Zudem wächst das Thema der Überwindung des Todes,
das sich schließlich in den großen Apotheosen aufgipfeln wird, entspre-
chend Ovids Kompositionsprinzip und analog zu den bisher gemachten
Beobachtungen, aus anderen Themen heraus und beginnt diese immer
stärker zu bestimmen, wie in den beiden folgenden Paragraphen zu zei-
gen sein wird. Aus dem Liebesthema (Liebe und Tod) und aus dem
Seitenthema ,Lohn‘ zum Thema Götterstrafe (pietas und virtus mit Ver-

1 Lieberg (1970), Apotheose in Metamorphosen, S. 129.
 
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