ARTIKEL BELANGENDE DY RELIGION (1539)
29
des herren one einichen aberglauben vff soliche ding an jnen selb oder von wegen
mentschlichs wercks an jnen gebraucht, soll man laissen gutem vbungen seinn32.
Weyl aber diese breuch von den Aposteln weder | [25 b] | geordent nach gebraucht
worden seindt, so vil man deso auß der schrifft gewiß werden kan, auch also
zuschwerem, aber glaubischenp mißbrauch in der welt gerathen sein, so soll man
auch keine kirchen darumb verdammen oder von der gemeinschafft Christi aus-
schliessen, die diese breuch one verachtung anderer kirchen vnnd von wegen der
pesserung bey den jren nachliessen vnnd aber sunst die substantz des heyligen tauffs
recht hielten, die dann iederman bekennet, im wort vnd zeichen stan, die der herr
selb ingesetzt hat33.
Nochq were zurathen, wo man sichr jn den wesenlichen stucken der relligions
vergleychen konth, das man sich dann auch in solichen vnd andern guten gebreu-
chen, so die alten kirchent gemeinlich vnnd mit besonderer andacht gehalten haben,
gleichförmig bewise34.
Damit aber diß H. Sacrament mit gepurender ehererpietung vnnd recht gleubiger
andacht gehandelt werde, soll man dasselbig zureichen soliche zeit vnnd weiß ver-
ordnen vnnd halten, auch darbey dieu grosse geheymnus dem volck allwegen in
gemeiner sprach einer iederv nation, wie das der heylig Paulus, die alten Concilien
vnd | [26a] | auch dasw keyserlich gesetz erfordert35, so getrewlich ercleren, Vnnd
allen aberglauben, mißbrauch Vnnd verachtungx, hiebey ingerissen, so ernstlich
abtreyben, das die wirde vnd recht Christlicher brauch dieses H. Sacraments in den
kirchen werde zum besten wider vffbracht.
Vnnd Nachdem der herr vnns versprochen, er woll auch vnser kinder gott sein36,
so soll man den brauch, dieselbigen zutauffen, mit nichten laissen abgeen.
m) add.: und Gottselige E, F. - n) sey B. - o) das B.
p) abergleubischem E, F. - q) Hoch C. - r) fehlt E, F.
s) add.: sich E, F. - t) add.: so E, F.
u) dise E, F. - v) yeden C, E, F; jeden B, D.
w) die C. - x) fehlt B.
32. Anfänglich hatte B. diese Zeremonien als menschliche Zutaten abgelehnt; s. Grund und
Ursach (1524); BDS 1, S. 258, Z. 14-33; Ulmer Kirchenordnung (1531); BDS 4, S. 242, Z. 12-31.
Später hat sich sein Urteil gemildert, wie die Kasseler Kirchenordnung (1539) zeigt: in dieser Kir-
chenordnung wird jeder Kirche freie Hand gelassen, solche Zeremonien zu gebrauchen oder nicht;
BDS 7, S. 289, Z. 6-19. Der Kölner Reformationsentwurf (1543) hat den Exorzismus beibehalten;
s. M. Köhn: Martin Bucers Entwurf einer Reformation des Erzstiftes Köln. Untersuchung der
Entstehungsgeschichte und der Theologie des »Einfältigen Bedenckens« von 1543. Untersuchungen
zur Kirchengeschichte 2. Witten 1966. S. 131-134. Im Bedencken, Bl. H1b, verweist B. für seine
Genehmigung dieser Bräuche, falls sie ohne Aberglauben ausgeübt werden, auf den 7. Artikel der
CA ; BS, S. 61. Er zeigt sich dann aber reservierter als im Jahre 1539.
33. Mt 28,19-20.
34. In dieser allgemeinen Richtlinie zeigt sich nicht nur B.s besonders ab 1535 wachsende Aner-
kennung der Lehre und des Brauchtums der alten Kirche als einer gewissen Norm, sondern auch der
Einfluß von Witzels diesbezüglicher Materialsammlung, die später in den Typus eingeflossen ist.
35. Vgl. Per quos steterit, S. 223, Z. 6 - S. 225, Z. 4. B. hatte vor Augen 1 Cor 14,23; wahrschein-
lich Corpus Iuris Civilis Nov. 137, 6. Beschlüsse alter Konzile nennt er dort nicht.
36. iMos 17,7; Apg 2,39.
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des herren one einichen aberglauben vff soliche ding an jnen selb oder von wegen
mentschlichs wercks an jnen gebraucht, soll man laissen gutem vbungen seinn32.
Weyl aber diese breuch von den Aposteln weder | [25 b] | geordent nach gebraucht
worden seindt, so vil man deso auß der schrifft gewiß werden kan, auch also
zuschwerem, aber glaubischenp mißbrauch in der welt gerathen sein, so soll man
auch keine kirchen darumb verdammen oder von der gemeinschafft Christi aus-
schliessen, die diese breuch one verachtung anderer kirchen vnnd von wegen der
pesserung bey den jren nachliessen vnnd aber sunst die substantz des heyligen tauffs
recht hielten, die dann iederman bekennet, im wort vnd zeichen stan, die der herr
selb ingesetzt hat33.
Nochq were zurathen, wo man sichr jn den wesenlichen stucken der relligions
vergleychen konth, das man sich dann auch in solichen vnd andern guten gebreu-
chen, so die alten kirchent gemeinlich vnnd mit besonderer andacht gehalten haben,
gleichförmig bewise34.
Damit aber diß H. Sacrament mit gepurender ehererpietung vnnd recht gleubiger
andacht gehandelt werde, soll man dasselbig zureichen soliche zeit vnnd weiß ver-
ordnen vnnd halten, auch darbey dieu grosse geheymnus dem volck allwegen in
gemeiner sprach einer iederv nation, wie das der heylig Paulus, die alten Concilien
vnd | [26a] | auch dasw keyserlich gesetz erfordert35, so getrewlich ercleren, Vnnd
allen aberglauben, mißbrauch Vnnd verachtungx, hiebey ingerissen, so ernstlich
abtreyben, das die wirde vnd recht Christlicher brauch dieses H. Sacraments in den
kirchen werde zum besten wider vffbracht.
Vnnd Nachdem der herr vnns versprochen, er woll auch vnser kinder gott sein36,
so soll man den brauch, dieselbigen zutauffen, mit nichten laissen abgeen.
m) add.: und Gottselige E, F. - n) sey B. - o) das B.
p) abergleubischem E, F. - q) Hoch C. - r) fehlt E, F.
s) add.: sich E, F. - t) add.: so E, F.
u) dise E, F. - v) yeden C, E, F; jeden B, D.
w) die C. - x) fehlt B.
32. Anfänglich hatte B. diese Zeremonien als menschliche Zutaten abgelehnt; s. Grund und
Ursach (1524); BDS 1, S. 258, Z. 14-33; Ulmer Kirchenordnung (1531); BDS 4, S. 242, Z. 12-31.
Später hat sich sein Urteil gemildert, wie die Kasseler Kirchenordnung (1539) zeigt: in dieser Kir-
chenordnung wird jeder Kirche freie Hand gelassen, solche Zeremonien zu gebrauchen oder nicht;
BDS 7, S. 289, Z. 6-19. Der Kölner Reformationsentwurf (1543) hat den Exorzismus beibehalten;
s. M. Köhn: Martin Bucers Entwurf einer Reformation des Erzstiftes Köln. Untersuchung der
Entstehungsgeschichte und der Theologie des »Einfältigen Bedenckens« von 1543. Untersuchungen
zur Kirchengeschichte 2. Witten 1966. S. 131-134. Im Bedencken, Bl. H1b, verweist B. für seine
Genehmigung dieser Bräuche, falls sie ohne Aberglauben ausgeübt werden, auf den 7. Artikel der
CA ; BS, S. 61. Er zeigt sich dann aber reservierter als im Jahre 1539.
33. Mt 28,19-20.
34. In dieser allgemeinen Richtlinie zeigt sich nicht nur B.s besonders ab 1535 wachsende Aner-
kennung der Lehre und des Brauchtums der alten Kirche als einer gewissen Norm, sondern auch der
Einfluß von Witzels diesbezüglicher Materialsammlung, die später in den Typus eingeflossen ist.
35. Vgl. Per quos steterit, S. 223, Z. 6 - S. 225, Z. 4. B. hatte vor Augen 1 Cor 14,23; wahrschein-
lich Corpus Iuris Civilis Nov. 137, 6. Beschlüsse alter Konzile nennt er dort nicht.
36. iMos 17,7; Apg 2,39.