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PER QUOS STETERIT (1540)

157

Wahrscheinlich ist ein Teil des ersten Bogens in die Brüche gegangen oder abhanden
gekommen, so daß man als Ersatz eine wahrscheinlich nicht sehr hohe Zahl von
zusätzlichen Exemplaren dieses Bogens gedruckt hat. Dieser wurde, vermutlich von
Bucer, korrigiert und an einigen Stellen gemäßigter gefaßt57.

Am 16. September schrieb Bucer dem Landgrafen, er sehe gern, daß die Schrift
übersetzt würde und sei der Meinung, Anton Corvinus oder Johannes Kymäus
könnten das tun58. Seine Worte »wolt, es were wol verdeutschet, hat aber hie nit
geschehen mögen«, zeigen, daß er zuerst versucht hatte, die Schrift in Straßburg
deutsch herauszugeben. Ob er keinen Übersetzer finden konnte oder Widerstand
des Rats befürchtete, sei dahingestellt. Trotzdem brachte 1540 eine Straßburger
Offizin eine deutsche Fassung heraus. Sie folgt im Titel und im ersten Bogen mei-
stens der korrigierten Ausgabe der lateinischen Schrift, an zwei Stellen aber der
ursprünglichen Ausgabe59.

Die Frage der Autorschaft der deutschsprachigen Schrift ist nicht eindeutig zu
beantworten. Sie ist aber in ihrer Eigenart so charakteristisch, daß eine Beschreibung
angebracht erscheint.

Ein erstes Charakteristikum ist, daß sie eher eine neue, deutschsprachige Version
als eine Übersetzung ist. Der Bearbeiter steht seiner Vorlage durchaus selbständig
gegenüber. Folglich gibt er ständig eine sehr freie Übersetzung. Öfter greift er in den
Text ein. Er verdeutlicht und erweitert diesen: Er gibt zusätzliche Hinweise über
Braun, zitiert dessen Schrift, fügt ein Gersonzitat ein, verfügt über den Text des
Frankfurter Anstands und gibt ausführlichere diesbezügliche Zitate als der lateini-
sche Text, erwähnt konkret und korrekt die Wormser Landfriedensordnung in
einem Passus, in dem die lateinische Version vage auf diese hingewiesen hatte,
erwähnt zusätzliche Theodoretstellen und verstärkt eine Bibelargumentation60.
Anderes läßt er aber aus, wie z.B. eine Polemik mit Eck und die Passagen, in denen
die Schrift an Volebius unter Vorbehalt angekündigt wird61.

Zweitens fällt es auf, daß einige für die lateinische Schrift wesentliche Teile so
vollständig umgearbeitet wurden, daß sie zwar die gleichen Probleme diskutieren,
diese aber in durchaus eigenständigen Ausführungen darbieten. Sie begegnen am

57. Bisher ist nur ein Exemplar bekannt. Als Beispiel einer Korrektur s. S. 165, Z. 4, Anm. d); für
ein Beispiel einer milderen Fassung S. 167, Z. 15, Anm. n)-n).

58. Lenz 1, Nr. 82, S. 213. Vgl. das ausführliche Zitat S. 93, Anm. 6.

59. Selbstverständlich ist es meistens unmöglich, in der deutschen Fassung zu unterscheiden, auf
welche der beiden Ausgaben der lateinischen Schrift sie zurückgeht. Dennoch ist klar, daß die
deutsche Fassung in vier Fällen der korrigierten Ausgabe (A') folgt; S. 163, Z. 2-4, Anm. a)-a); S.
171, Z. 3-4, Anm. s)-s); S. 175, Z. 6-7, Anm. b)-b), Z. 18, Anm. e), f). An zwei Stellen folgt sie
der ursprünglichen Ausgabe (A); S. 167, Z. 15, Anm. n)-n); S. 175, Z. 13, Anm. c)-c).

60. s. zu Braun und dem Zitat S. 204, Z. 10 - S. 206, Z. 7; S. 238, Z. 3 — 32.; zum Gersonzitat
S. 256, Z. 12-14; zu den Zitaten aus dem Anstand S. 234, Z. 20 - S. 236, Z. 3; zur Wormser Land-
friedensordnung S. 192, Z. 20-26; zu den Theodoretstellen S. 262, Z. 32 - S. 264, Z. 2; S. 264, Z.
13-17; zur Bibelargumentation S. 258, Z. 1-29.

61. s. S. 259, Z. 18-27; S. 305, Z. 17; S. 321, Z. 5-6.
 
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