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WORMSER BUCH, LATEIN (1540/1541)

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Die Frage der Autorschaft können wir weder umgehen noch in gebührender
Weise beantworten. Groppers Entwurf ist uns unbekannt. Wenn wir unseren Aus-
gangspunkt in den 1545 von ihm herausgegebenen »Artikell« nehmen - es ist aber
umstritten, ob diese in irgendwelcher Beziehung zu seinem ursprünglichen Entwurf
stehen35 - ist es klar, daß Bucers Anteil am Wormser Buch groß ist. Das gilt gleicher-
maßen für die einzelnen Artikel wie für den Gesamtplan. Der letzte Aspekt ist der
wichtigere. Groppers Ausgangspunkt hatte in den Vorfragen gelegen: sein erster
Artikel ist überschrieben: »Von der ... Kirchen Lehr und Authoritet«. Ein derarti-
ger Ausgangspunkt macht von vornherein jede Art von Vergleich unmöglich. Bucer
hatte seit Jahren die Ansicht verfochten, man solle inhaltlich, und zwar am Kern der
Lehre, bei der Rechtfertigungslehre, ansetzen. Wenn man sich in dieser Kernfrage
finden könne - und dazu sah er Möglichkeiten - wäre eine Einigung in anderen
Lehren erreichbar, auch wenn diese nicht in jeder Hinsicht Gleichförmigkeit der
Riten und der Bräuche als Ergebnis mit sich brächte. Der 21. Artikel mit seiner
Aufzählung von Sachen, über die man sich nicht verglichen hatte, war in dieser Sicht
vollberechtigt. Daß in den einzelnen Artikeln bald der Anteil Groppers, bald derje-
nige Bucers überwiegt, versteht sich von selbst, ohne daß man die gegenseitigen
Einflüße genau bestimmen kann. Einiges ist auch klar: im 20. Artikel ist Groppers

35. Daß man anhand eines von Gropper verfaßten Entwurfes diskutierte, steht fest; s. Lenz 1, S.
532. B. und Capito haben diesen Text »korrigiert«; s. Lenz 1, S. 532; ARC 3, S. 343, Z. 27 (zitiert
Anm. 23). Lipgens, S. 124, Anm. 15 war der Meinung, diesen Entwurf hätten wir in den »Artikell«,
herausgegeben in Gropper: Warhafftige Antwort und gegenberichtung, Bl. 7 a-19 a. Augnstijn, S.
61, Anm. 6, hat diese These überprüft und kam dabei zum Ergebnis, daß diese »Artikell« wahr-
scheinlich den von Gropper in Worms dargelegten Entwurf bildeten, aber nicht in dessen originaler
Form, sondern in einer von Gropper nach dem Maßstab des Regensburger Buches und seinen eige-
nen gewandelten Auffassungen geänderten Fassung. Braunisch, Artikell, war mit Augustijns Kritik
an Lipgens einverstanden, akzeptierte aber Augustijns Auffassung über die Art der »Artikell« nicht.
Er war der Meinung, sie seien »ein referierender und nach bestimmten Gesichtspunkten gestalteter
Auszug aus der Regensburger Unionsformel« (S. 545). Er machte dabei als einziges Argument
geltend die »verblüffende Übereinstimmung..., die bis in die Details geht« zwischen dem Wortlaut
der »Artikell« und der deutschen Übersetzung des Regensburger Buches, die B. in seiner Schrift
Alle Handlungen und Schrifften (Bibl. Nr. 69 c) publizierte. Dieses Argument ist an sich nicht
gerade stark. Es lag auf der Hand, daß Gropper, der B.s soeben genannte Schrift besaß, bei der
Übersetzung seines eigenen, selbstverständlich lateinischen Entwurfes, für die Teile, die aus seinem
Entwurf über das Wormser Buch in das Regensburger Buch hineingegangen waren, B.s Überset-
zung übernahm. Hinzu kommt, daß die von Braunisch postulierte Übereinstimmung zwar regel-
mäßig begegnet, aber keine allgemeine Regel darstellt. An vielen Stellen ist klar, daß die »Artikell«
dem lateinischen Wormser/Regensburger Buch näher stehen als der deutschen Übersetzung. Ich
nenne ein Beispiel. Groppers Artikel »Von dem warzeychen des Worts« fängt mit dem Satz an:
»Das diß Grosses Hauß die verheissung hab der unfelbarn gegenwertigkeit Gottes und des heiligen
Geists« (s. unten S. 491, Z. 5 — 6). Der Wortlaut entspricht genau dem lateinischen Text (s. unten
S. 405, Z. 22 - S. 407, Z. 1). In der Schrift Alle Handlungen und Schrifften, Bl. 40b-41a, lautet die
Übersetzung: »Dann diß grosse hauß hat die verheyssung der gegenwertigkeyt Gottes und des
heyligen geysts, die nicht treugt«. Solche Abweichungen vom deutschen Text kommen immer wie-
der vor. Es ist hier nicht der Ort, das Verhältnis von Groppers »Artikell« zu den verschiedenen
Fassungen des Wormser/Regensburger Buch im einzelnen aufzugreifen. Die pauschale Lösung, die
Braunisch vorschlägt, ist aber unbefriedigend. Um der künftigen Forschung die benötigten Daten
zu vermitteln, bringen wir den Text der »Artikell« in einer Beilage.
 
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